Kraft hab' ich keine Als ihn zu lieben, So recht im Stillen. Was soll das werden! Will ihn umarmen Und kann es nicht.
Künftiger Divan.
Man hat in Deutschland zu einer ge- wissen Zeit manche Druckschriften vertheilt, als Manuscript für Freunde. Wem dieses befremdlich seyn könnte, der bedenke dass doch am Ende jedes Buch nur für Theilnehmer, für Freunde, für Liebhaber des Verfassers geschrieben sey. Meinen Divan besonders möcht' ich also bezeich- nen, dessen gegenwärtige Ausgabe nur als unvollkommen betrachtet werden kann. In jüngeren Jahren würd' ich ihn länger zurück- gehalten haben, nun aber find' ich es vor- theilhafter ihn selbst zusammenzustellen, als ein solches Geschäft, wie Hafis, den Nach-
Kraft hab’ ich keine Als ihn zu lieben, So recht im Stillen. Was soll das werden! Will ihn umarmen Und kann es nicht.
Künftiger Divan.
Man hat in Deutschland zu einer ge- wissen Zeit manche Druckschriften vertheilt, als Manuscript für Freunde. Wem dieses befremdlich seyn könnte, der bedenke daſs doch am Ende jedes Buch nur für Theilnehmer, für Freunde, für Liebhaber des Verfassers geschrieben sey. Meinen Divan besonders möcht’ ich also bezeich- nen, dessen gegenwärtige Ausgabe nur als unvollkommen betrachtet werden kann. In jüngeren Jahren würd’ ich ihn länger zurück- gehalten haben, nun aber find’ ich es vor- theilhafter ihn selbst zusammenzustellen, als ein solches Geschäft, wie Hafis, den Nach-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><lgtype="poem"><pbfacs="#f0406"n="396"/><lgn="4"><l>Kraft hab’ ich keine</l><lb/><l>Als ihn zu lieben,</l><lb/><l>So recht im Stillen.</l><lb/><l>Was soll das werden!</l><lb/><l>Will ihn umarmen</l><lb/><l>Und kann es nicht.</l></lg></lg></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><head><hirendition="#b"><hirendition="#i"><hirendition="#g">Künftiger Divan</hi>.</hi></hi></head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Man hat in Deutschland zu einer ge-<lb/>
wissen Zeit manche Druckschriften vertheilt,<lb/>
als <hirendition="#g">Manuscript für Freunde</hi>. Wem<lb/>
dieses befremdlich seyn könnte, der bedenke<lb/>
daſs doch am Ende jedes Buch nur für<lb/>
Theilnehmer, für Freunde, für Liebhaber<lb/>
des Verfassers geschrieben sey. Meinen<lb/>
Divan besonders möcht’ ich also bezeich-<lb/>
nen, dessen gegenwärtige Ausgabe nur als<lb/>
unvollkommen betrachtet werden kann. In<lb/>
jüngeren Jahren würd’ ich ihn länger zurück-<lb/>
gehalten haben, nun aber find’ ich es vor-<lb/>
theilhafter ihn selbst zusammenzustellen, als<lb/>
ein solches Geschäft, wie Hafis, den Nach-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[396/0406]
Kraft hab’ ich keine
Als ihn zu lieben,
So recht im Stillen.
Was soll das werden!
Will ihn umarmen
Und kann es nicht.
Künftiger Divan.
Man hat in Deutschland zu einer ge-
wissen Zeit manche Druckschriften vertheilt,
als Manuscript für Freunde. Wem
dieses befremdlich seyn könnte, der bedenke
daſs doch am Ende jedes Buch nur für
Theilnehmer, für Freunde, für Liebhaber
des Verfassers geschrieben sey. Meinen
Divan besonders möcht’ ich also bezeich-
nen, dessen gegenwärtige Ausgabe nur als
unvollkommen betrachtet werden kann. In
jüngeren Jahren würd’ ich ihn länger zurück-
gehalten haben, nun aber find’ ich es vor-
theilhafter ihn selbst zusammenzustellen, als
ein solches Geschäft, wie Hafis, den Nach-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819, S. 396. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/406>, abgerufen am 24.04.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.