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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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Zweyte Abtheilung.
Physische Farben
.

136.

Physische Farben nennen wir diejenigen, zu deren
Hervorbringung gewisse materielle Mittel nöthig sind,
welche aber selbst keine Farbe haben, und theils durch-
sichtig, theils trüb und durchscheinend, theils völlig
undurchsichtig seyn können. Dergleichen Farben wer-
den also in unserm Auge durch solche äußere bestimmte
Anlässe erzeugt, oder, wenn sie schon auf irgend eine
Weise außer uns erzeugt sind, in unser Auge zurückge-
worfen. Ob wir nun schon hiedurch denselben eine
Art von Objectivität zuschreiben, so bleibt doch das
Vorübergehende, Nichtfestzuhaltende meistens ihr Kenn-
zeichen.

137.

Sie heißen daher auch bey den frühern Naturfor-
schern Colores apparentes, fluxi, fugitivi, phanta-
stici, falsi, variantes.
Zugleich werden sie speciosi
und emphatici, wegen ihrer auffallenden Herrlichkeit,
genannt. Sie schließen sich unmittelbar an die physio-

Zweyte Abtheilung.
Phyſiſche Farben
.

136.

Phyſiſche Farben nennen wir diejenigen, zu deren
Hervorbringung gewiſſe materielle Mittel noͤthig ſind,
welche aber ſelbſt keine Farbe haben, und theils durch-
ſichtig, theils truͤb und durchſcheinend, theils voͤllig
undurchſichtig ſeyn koͤnnen. Dergleichen Farben wer-
den alſo in unſerm Auge durch ſolche aͤußere beſtimmte
Anlaͤſſe erzeugt, oder, wenn ſie ſchon auf irgend eine
Weiſe außer uns erzeugt ſind, in unſer Auge zuruͤckge-
worfen. Ob wir nun ſchon hiedurch denſelben eine
Art von Objectivitaͤt zuſchreiben, ſo bleibt doch das
Voruͤbergehende, Nichtfeſtzuhaltende meiſtens ihr Kenn-
zeichen.

137.

Sie heißen daher auch bey den fruͤhern Naturfor-
ſchern Colores apparentes, fluxi, fugitivi, phanta-
stici, falsi, variantes.
Zugleich werden ſie speciosi
und emphatici, wegen ihrer auffallenden Herrlichkeit,
genannt. Sie ſchließen ſich unmittelbar an die phyſio-

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[[52]/0106] Zweyte Abtheilung. Phyſiſche Farben. 136. Phyſiſche Farben nennen wir diejenigen, zu deren Hervorbringung gewiſſe materielle Mittel noͤthig ſind, welche aber ſelbſt keine Farbe haben, und theils durch- ſichtig, theils truͤb und durchſcheinend, theils voͤllig undurchſichtig ſeyn koͤnnen. Dergleichen Farben wer- den alſo in unſerm Auge durch ſolche aͤußere beſtimmte Anlaͤſſe erzeugt, oder, wenn ſie ſchon auf irgend eine Weiſe außer uns erzeugt ſind, in unſer Auge zuruͤckge- worfen. Ob wir nun ſchon hiedurch denſelben eine Art von Objectivitaͤt zuſchreiben, ſo bleibt doch das Voruͤbergehende, Nichtfeſtzuhaltende meiſtens ihr Kenn- zeichen. 137. Sie heißen daher auch bey den fruͤhern Naturfor- ſchern Colores apparentes, fluxi, fugitivi, phanta- stici, falsi, variantes. Zugleich werden ſie speciosi und emphatici, wegen ihrer auffallenden Herrlichkeit, genannt. Sie ſchließen ſich unmittelbar an die phyſio-

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. [52]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/106>, abgerufen am 28.03.2024.