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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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stände doppelt, und nach Verhältniß mehr oder weni-
ger von einander getrennt; wobey zu bemerken ist, daß
da, wo beyde Bilder einander decken, eigentlich das
vollkommen lebhafte Bild entsteht, wo es aber aus
einander tritt und doppelt wird, sich nun mehr schwa-
che, durchscheinende und gespensterhafte Bilder zeigen.

225.

Will man wissen, welches das untere, und wel-
ches das obere Bild sey; so nehme man gefärbte Mit-
tel, da denn ein helles Bild, das von der untern Flä-
che zurückgeworfen wird, die Farbe des Mittels, das
aber von der obern zurückgeworfen wird, die geforderte
Farbe hat. Umgekehrt ist es mit dunklen Bildern;
weswegen man auch hier schwarze und weiße Tafeln
sehr wohl brauchen kann. Wie leicht die Doppelbilder
sich Farbe mittheilen lassen, Farbe hervorrufen, wird
auch hier wieder auffallend seyn.

226.

Drittens kann man die primären Bilder auch als
Hauptbilder ansehen und ihnen die secundären als
Nebenbilder gleichsam anfügen. Ein solches Ne-
benbild ist eine Art von Doppelbild, nur daß es sich
von dem Hauptbilde nicht trennen läßt, ob es sich
gleich immer von demselben zu entfernen strebt. Von
solchen ist nun bey den prismatischen Erscheinungen
die Rede.

227.

Das unbegränzt durch Refraction Gesehene zeigt
keine Farbenerscheinung (195.) Das Gesehene muß be-

ſtaͤnde doppelt, und nach Verhaͤltniß mehr oder weni-
ger von einander getrennt; wobey zu bemerken iſt, daß
da, wo beyde Bilder einander decken, eigentlich das
vollkommen lebhafte Bild entſteht, wo es aber aus
einander tritt und doppelt wird, ſich nun mehr ſchwa-
che, durchſcheinende und geſpenſterhafte Bilder zeigen.

225.

Will man wiſſen, welches das untere, und wel-
ches das obere Bild ſey; ſo nehme man gefaͤrbte Mit-
tel, da denn ein helles Bild, das von der untern Flaͤ-
che zuruͤckgeworfen wird, die Farbe des Mittels, das
aber von der obern zuruͤckgeworfen wird, die geforderte
Farbe hat. Umgekehrt iſt es mit dunklen Bildern;
weswegen man auch hier ſchwarze und weiße Tafeln
ſehr wohl brauchen kann. Wie leicht die Doppelbilder
ſich Farbe mittheilen laſſen, Farbe hervorrufen, wird
auch hier wieder auffallend ſeyn.

226.

Drittens kann man die primaͤren Bilder auch als
Hauptbilder anſehen und ihnen die ſecundaͤren als
Nebenbilder gleichſam anfuͤgen. Ein ſolches Ne-
benbild iſt eine Art von Doppelbild, nur daß es ſich
von dem Hauptbilde nicht trennen laͤßt, ob es ſich
gleich immer von demſelben zu entfernen ſtrebt. Von
ſolchen iſt nun bey den prismatiſchen Erſcheinungen
die Rede.

227.

Das unbegraͤnzt durch Refraction Geſehene zeigt
keine Farbenerſcheinung (195.) Das Geſehene muß be-

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[86/0140] ſtaͤnde doppelt, und nach Verhaͤltniß mehr oder weni- ger von einander getrennt; wobey zu bemerken iſt, daß da, wo beyde Bilder einander decken, eigentlich das vollkommen lebhafte Bild entſteht, wo es aber aus einander tritt und doppelt wird, ſich nun mehr ſchwa- che, durchſcheinende und geſpenſterhafte Bilder zeigen. 225. Will man wiſſen, welches das untere, und wel- ches das obere Bild ſey; ſo nehme man gefaͤrbte Mit- tel, da denn ein helles Bild, das von der untern Flaͤ- che zuruͤckgeworfen wird, die Farbe des Mittels, das aber von der obern zuruͤckgeworfen wird, die geforderte Farbe hat. Umgekehrt iſt es mit dunklen Bildern; weswegen man auch hier ſchwarze und weiße Tafeln ſehr wohl brauchen kann. Wie leicht die Doppelbilder ſich Farbe mittheilen laſſen, Farbe hervorrufen, wird auch hier wieder auffallend ſeyn. 226. Drittens kann man die primaͤren Bilder auch als Hauptbilder anſehen und ihnen die ſecundaͤren als Nebenbilder gleichſam anfuͤgen. Ein ſolches Ne- benbild iſt eine Art von Doppelbild, nur daß es ſich von dem Hauptbilde nicht trennen laͤßt, ob es ſich gleich immer von demſelben zu entfernen ſtrebt. Von ſolchen iſt nun bey den prismatiſchen Erſcheinungen die Rede. 227. Das unbegraͤnzt durch Refraction Geſehene zeigt keine Farbenerſcheinung (195.) Das Geſehene muß be-

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/140>, abgerufen am 29.03.2024.