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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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271.

Man betrachte dagegen ein weißes, neben dem
blauen stehendes Viereck auf schwarzem Grunde; so wer-
den an dem weißen, welches hier an der Stelle des
rothen steht, die entgegengesetzten Ränder in ihrer höch-
sten Energie sich zeigen. Es erstreckt sich an demselben
der rothe Rand fast noch mehr als oben am rothen
selbst über die Horizontallinie des blauen hinauf; der
untere blaue Rand aber ist an dem weißen in seiner gan-
zen Schöne sichtbar; dagegen verliert er sich in dem
blauen Viereck durch Identification. Der violette Saum
hinabwärts ist viel deutlicher an dem weißen, als an
dem blauen.

272.

Man vergleiche nun die mit Fleiß über einander
gestellten Paare gedachter Vierecke, das rothe mit dem
weißen, die beyden blauen Vierecke mit einander, das
blaue mit dem rothen, das blaue mit dem weißen, und
man wird die Verhältnisse dieser Flächen zu ihren far-
bigen Rändern und Säumen deutlich einsehen.

273.

Noch auffallender erscheinen die Ränder und ihre
Verhältnisse zu den farbigen Bildern, wenn man die far-
bigen Vierecke und das schwarze auf weißem Grunde be-
trachtet. Denn hier fällt jene Täuschung völlig weg, und
die Wirkungen der Ränder sind so sichtbar, als wir sie
nur in irgend einem andern Falle bemerkt haben. Man be-
trachte zuerst das blaue und rothe Viereck durchs Prisma.

271.

Man betrachte dagegen ein weißes, neben dem
blauen ſtehendes Viereck auf ſchwarzem Grunde; ſo wer-
den an dem weißen, welches hier an der Stelle des
rothen ſteht, die entgegengeſetzten Raͤnder in ihrer hoͤch-
ſten Energie ſich zeigen. Es erſtreckt ſich an demſelben
der rothe Rand faſt noch mehr als oben am rothen
ſelbſt uͤber die Horizontallinie des blauen hinauf; der
untere blaue Rand aber iſt an dem weißen in ſeiner gan-
zen Schoͤne ſichtbar; dagegen verliert er ſich in dem
blauen Viereck durch Identification. Der violette Saum
hinabwaͤrts iſt viel deutlicher an dem weißen, als an
dem blauen.

272.

Man vergleiche nun die mit Fleiß uͤber einander
geſtellten Paare gedachter Vierecke, das rothe mit dem
weißen, die beyden blauen Vierecke mit einander, das
blaue mit dem rothen, das blaue mit dem weißen, und
man wird die Verhaͤltniſſe dieſer Flaͤchen zu ihren far-
bigen Raͤndern und Saͤumen deutlich einſehen.

273.

Noch auffallender erſcheinen die Raͤnder und ihre
Verhaͤltniſſe zu den farbigen Bildern, wenn man die far-
bigen Vierecke und das ſchwarze auf weißem Grunde be-
trachtet. Denn hier faͤllt jene Taͤuſchung voͤllig weg, und
die Wirkungen der Raͤnder ſind ſo ſichtbar, als wir ſie
nur in irgend einem andern Falle bemerkt haben. Man be-
trachte zuerſt das blaue und rothe Viereck durchs Prisma.

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[102/0156] 271. Man betrachte dagegen ein weißes, neben dem blauen ſtehendes Viereck auf ſchwarzem Grunde; ſo wer- den an dem weißen, welches hier an der Stelle des rothen ſteht, die entgegengeſetzten Raͤnder in ihrer hoͤch- ſten Energie ſich zeigen. Es erſtreckt ſich an demſelben der rothe Rand faſt noch mehr als oben am rothen ſelbſt uͤber die Horizontallinie des blauen hinauf; der untere blaue Rand aber iſt an dem weißen in ſeiner gan- zen Schoͤne ſichtbar; dagegen verliert er ſich in dem blauen Viereck durch Identification. Der violette Saum hinabwaͤrts iſt viel deutlicher an dem weißen, als an dem blauen. 272. Man vergleiche nun die mit Fleiß uͤber einander geſtellten Paare gedachter Vierecke, das rothe mit dem weißen, die beyden blauen Vierecke mit einander, das blaue mit dem rothen, das blaue mit dem weißen, und man wird die Verhaͤltniſſe dieſer Flaͤchen zu ihren far- bigen Raͤndern und Saͤumen deutlich einſehen. 273. Noch auffallender erſcheinen die Raͤnder und ihre Verhaͤltniſſe zu den farbigen Bildern, wenn man die far- bigen Vierecke und das ſchwarze auf weißem Grunde be- trachtet. Denn hier faͤllt jene Taͤuſchung voͤllig weg, und die Wirkungen der Raͤnder ſind ſo ſichtbar, als wir ſie nur in irgend einem andern Falle bemerkt haben. Man be- trachte zuerſt das blaue und rothe Viereck durchs Prisma.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/156>, abgerufen am 24.04.2024.