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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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316. (202. 203.)

Diese Grunderscheinungen wiederhohlen sich bey
allen folgenden objectiven Erfahrungen, so wie sie die
Grundlage der subjectiven ausmachten. Auch die Ope-
ration, welche vorgenommen wird, ist eben dieselbe; ein
heller Rand wird gegen eine dunkle Fläche, eine dunkle
Fläche gegen eine helle Gränze geführt. Die Gränzen
müssen einen Weg machen und sich gleichsam über ein-
ander drängen, bey diesen Versuchen wie bey jenen.

317. (204.)

Lassen wir also das Sonnenbild durch eine größere
oder kleinere Oeffnung in die dunkle Kammer, fangen
wir es durch ein Prisma auf, dessen brechender Win-
kel hier wie gewöhnlich unten seyn mag; so kommt das
leuchtende Bild nicht in gerader Linie nach dem Fuß-
boden, sondern es wird an eine vertical gesetzte Tafel
hinaufgebrochen. Hier ist es Zeit, des Gegensatzes zu
gedenken, in welchem sich die subjective und objective
Verrückung des Bildes befindet.

318.

Sehen wir durch ein Prisma, dessen brechender
Winkel sich unten befindet, nach einem in der Höhe be-
findlichen Bilde; so wird dieses Bild heruntergerückt,
anstatt daß ein einfallendes leuchtendes Bild von dem-
selben Prisma in die Höhe geschoben wird. Was wir
hier der Kürze wegen nur historisch angeben, läßt sich
aus den Regeln der Brechung und Hebung ohne Schwie-
rigkeit ableiten.

316. (202. 203.)

Dieſe Grunderſcheinungen wiederhohlen ſich bey
allen folgenden objectiven Erfahrungen, ſo wie ſie die
Grundlage der ſubjectiven ausmachten. Auch die Ope-
ration, welche vorgenommen wird, iſt eben dieſelbe; ein
heller Rand wird gegen eine dunkle Flaͤche, eine dunkle
Flaͤche gegen eine helle Graͤnze gefuͤhrt. Die Graͤnzen
muͤſſen einen Weg machen und ſich gleichſam uͤber ein-
ander draͤngen, bey dieſen Verſuchen wie bey jenen.

317. (204.)

Laſſen wir alſo das Sonnenbild durch eine groͤßere
oder kleinere Oeffnung in die dunkle Kammer, fangen
wir es durch ein Prisma auf, deſſen brechender Win-
kel hier wie gewoͤhnlich unten ſeyn mag; ſo kommt das
leuchtende Bild nicht in gerader Linie nach dem Fuß-
boden, ſondern es wird an eine vertical geſetzte Tafel
hinaufgebrochen. Hier iſt es Zeit, des Gegenſatzes zu
gedenken, in welchem ſich die ſubjective und objective
Verruͤckung des Bildes befindet.

318.

Sehen wir durch ein Prisma, deſſen brechender
Winkel ſich unten befindet, nach einem in der Hoͤhe be-
findlichen Bilde; ſo wird dieſes Bild heruntergeruͤckt,
anſtatt daß ein einfallendes leuchtendes Bild von dem-
ſelben Prisma in die Hoͤhe geſchoben wird. Was wir
hier der Kuͤrze wegen nur hiſtoriſch angeben, laͤßt ſich
aus den Regeln der Brechung und Hebung ohne Schwie-
rigkeit ableiten.

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[121/0175] 316. (202. 203.) Dieſe Grunderſcheinungen wiederhohlen ſich bey allen folgenden objectiven Erfahrungen, ſo wie ſie die Grundlage der ſubjectiven ausmachten. Auch die Ope- ration, welche vorgenommen wird, iſt eben dieſelbe; ein heller Rand wird gegen eine dunkle Flaͤche, eine dunkle Flaͤche gegen eine helle Graͤnze gefuͤhrt. Die Graͤnzen muͤſſen einen Weg machen und ſich gleichſam uͤber ein- ander draͤngen, bey dieſen Verſuchen wie bey jenen. 317. (204.) Laſſen wir alſo das Sonnenbild durch eine groͤßere oder kleinere Oeffnung in die dunkle Kammer, fangen wir es durch ein Prisma auf, deſſen brechender Win- kel hier wie gewoͤhnlich unten ſeyn mag; ſo kommt das leuchtende Bild nicht in gerader Linie nach dem Fuß- boden, ſondern es wird an eine vertical geſetzte Tafel hinaufgebrochen. Hier iſt es Zeit, des Gegenſatzes zu gedenken, in welchem ſich die ſubjective und objective Verruͤckung des Bildes befindet. 318. Sehen wir durch ein Prisma, deſſen brechender Winkel ſich unten befindet, nach einem in der Hoͤhe be- findlichen Bilde; ſo wird dieſes Bild heruntergeruͤckt, anſtatt daß ein einfallendes leuchtendes Bild von dem- ſelben Prisma in die Hoͤhe geſchoben wird. Was wir hier der Kuͤrze wegen nur hiſtoriſch angeben, laͤßt ſich aus den Regeln der Brechung und Hebung ohne Schwie- rigkeit ableiten.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/175>, abgerufen am 23.04.2024.