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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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andre uns schon bekannte Erscheinungen anschließen,
daß man sie kaum davon zu trennen vermag.

391.

Die paroptischen Farben werden also genannt,
weil, um sie hervorzubringen, das Licht an einem
Rande herstrahlen muß. Allein nicht immer, wenn
das Licht an einem Rande herstrahlt, erscheinen sie;
es sind dazu noch ganz besondre Nebenbedingungen
nöthig.

392.

Ferner ist zu bemerken, daß hier abermals das
Licht keinesweges in Abstracto wirke (361); sondern
die Sonne scheint an einem Rande her. Das ganze
von dem Sonnenbild ausströmende Licht wirkt an ei-
ner Körpergränze vorbey und verursacht Schatten. An
diesen Schatten, innerhalb derselben, werden wir
künftig die Farbe gewahr werden.

393.

Vor allen Dingen aber betrachten wir die hieher
gehörigen Erfahrungen in vollem Lichte. Wir setzen
den Beobachter ins Freye, ehe wir ihn in die Be-
schränkung der dunklen Kammer führen.

394.

Wer im Sonnenschein in einem Garten oder sonst
auf glatten Wegen wandelt, wird leicht bemerken, daß
sein Schatten nur unten am Fuß, der die Erde be-
tritt, scharf begränzt erscheint, weiter hinauf, be-

andre uns ſchon bekannte Erſcheinungen anſchließen,
daß man ſie kaum davon zu trennen vermag.

391.

Die paroptiſchen Farben werden alſo genannt,
weil, um ſie hervorzubringen, das Licht an einem
Rande herſtrahlen muß. Allein nicht immer, wenn
das Licht an einem Rande herſtrahlt, erſcheinen ſie;
es ſind dazu noch ganz beſondre Nebenbedingungen
noͤthig.

392.

Ferner iſt zu bemerken, daß hier abermals das
Licht keinesweges in Abſtracto wirke (361); ſondern
die Sonne ſcheint an einem Rande her. Das ganze
von dem Sonnenbild ausſtroͤmende Licht wirkt an ei-
ner Koͤrpergraͤnze vorbey und verurſacht Schatten. An
dieſen Schatten, innerhalb derſelben, werden wir
kuͤnftig die Farbe gewahr werden.

393.

Vor allen Dingen aber betrachten wir die hieher
gehoͤrigen Erfahrungen in vollem Lichte. Wir ſetzen
den Beobachter ins Freye, ehe wir ihn in die Be-
ſchraͤnkung der dunklen Kammer fuͤhren.

394.

Wer im Sonnenſchein in einem Garten oder ſonſt
auf glatten Wegen wandelt, wird leicht bemerken, daß
ſein Schatten nur unten am Fuß, der die Erde be-
tritt, ſcharf begraͤnzt erſcheint, weiter hinauf, be-

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[151/0205] andre uns ſchon bekannte Erſcheinungen anſchließen, daß man ſie kaum davon zu trennen vermag. 391. Die paroptiſchen Farben werden alſo genannt, weil, um ſie hervorzubringen, das Licht an einem Rande herſtrahlen muß. Allein nicht immer, wenn das Licht an einem Rande herſtrahlt, erſcheinen ſie; es ſind dazu noch ganz beſondre Nebenbedingungen noͤthig. 392. Ferner iſt zu bemerken, daß hier abermals das Licht keinesweges in Abſtracto wirke (361); ſondern die Sonne ſcheint an einem Rande her. Das ganze von dem Sonnenbild ausſtroͤmende Licht wirkt an ei- ner Koͤrpergraͤnze vorbey und verurſacht Schatten. An dieſen Schatten, innerhalb derſelben, werden wir kuͤnftig die Farbe gewahr werden. 393. Vor allen Dingen aber betrachten wir die hieher gehoͤrigen Erfahrungen in vollem Lichte. Wir ſetzen den Beobachter ins Freye, ehe wir ihn in die Be- ſchraͤnkung der dunklen Kammer fuͤhren. 394. Wer im Sonnenſchein in einem Garten oder ſonſt auf glatten Wegen wandelt, wird leicht bemerken, daß ſein Schatten nur unten am Fuß, der die Erde be- tritt, ſcharf begraͤnzt erſcheint, weiter hinauf, be-

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/205>, abgerufen am 24.04.2024.