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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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zwey Spitzen deutlich zeigt. Wir dürfen also niemals
außer Augen lassen, daß in diesem Falle das ganze
Sonnenbild wirke, Schatten hervorbringe, sie in Dop-
pelschatten verwandle und endlich sogar aufhebe.

398.

Man nehme nunmehr, statt der festen Körper,
ausgeschnittene Oeffnungen von verschiedener bestimm-
ter Größe neben einander, und lasse das Sonnenlicht
auf eine etwas entfernte Tafel hindurch fallen; so
wird man finden, daß das helle Bild, welches auf
der Tafel von der Sonne hervorgebracht wird, größer
sey als die Oeffnung; welches daher kommt, daß der
eine Rand der Sonne durch die entgegengesetzte Seite
der Oeffnung noch hindurch scheint, wenn der andre
durch sie schon verdeckt ist. Daher ist das helle Bild
an seinen Rändern schwächer beleuchtet.

399.

Nimmt man viereckte Oeffnungen von welcher
Größe man wolle, so wird das helle Bild auf einer
Tafel, die neun Fuß von den Oeffnungen steht, um
einen Zoll an jeder Seite größer seyn als die Oeff-
nung; welches mit dem Winkel des scheinbaren Son-
nendiameters ziemlich übereinkommt.

400.

Daß eben diese Randerleuchtung nach und nach
abnehme, ist ganz natürlich, weil zuletzt nur ein
Minimum des Sonnenlichtes vom Sonnenrande übers
Kreuz durch den Rand der Oeffnung einwirken kann.

zwey Spitzen deutlich zeigt. Wir duͤrfen alſo niemals
außer Augen laſſen, daß in dieſem Falle das ganze
Sonnenbild wirke, Schatten hervorbringe, ſie in Dop-
pelſchatten verwandle und endlich ſogar aufhebe.

398.

Man nehme nunmehr, ſtatt der feſten Koͤrper,
ausgeſchnittene Oeffnungen von verſchiedener beſtimm-
ter Groͤße neben einander, und laſſe das Sonnenlicht
auf eine etwas entfernte Tafel hindurch fallen; ſo
wird man finden, daß das helle Bild, welches auf
der Tafel von der Sonne hervorgebracht wird, groͤßer
ſey als die Oeffnung; welches daher kommt, daß der
eine Rand der Sonne durch die entgegengeſetzte Seite
der Oeffnung noch hindurch ſcheint, wenn der andre
durch ſie ſchon verdeckt iſt. Daher iſt das helle Bild
an ſeinen Raͤndern ſchwaͤcher beleuchtet.

399.

Nimmt man viereckte Oeffnungen von welcher
Groͤße man wolle, ſo wird das helle Bild auf einer
Tafel, die neun Fuß von den Oeffnungen ſteht, um
einen Zoll an jeder Seite groͤßer ſeyn als die Oeff-
nung; welches mit dem Winkel des ſcheinbaren Son-
nendiameters ziemlich uͤbereinkommt.

400.

Daß eben dieſe Randerleuchtung nach und nach
abnehme, iſt ganz natuͤrlich, weil zuletzt nur ein
Minimum des Sonnenlichtes vom Sonnenrande uͤbers
Kreuz durch den Rand der Oeffnung einwirken kann.

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[153/0207] zwey Spitzen deutlich zeigt. Wir duͤrfen alſo niemals außer Augen laſſen, daß in dieſem Falle das ganze Sonnenbild wirke, Schatten hervorbringe, ſie in Dop- pelſchatten verwandle und endlich ſogar aufhebe. 398. Man nehme nunmehr, ſtatt der feſten Koͤrper, ausgeſchnittene Oeffnungen von verſchiedener beſtimm- ter Groͤße neben einander, und laſſe das Sonnenlicht auf eine etwas entfernte Tafel hindurch fallen; ſo wird man finden, daß das helle Bild, welches auf der Tafel von der Sonne hervorgebracht wird, groͤßer ſey als die Oeffnung; welches daher kommt, daß der eine Rand der Sonne durch die entgegengeſetzte Seite der Oeffnung noch hindurch ſcheint, wenn der andre durch ſie ſchon verdeckt iſt. Daher iſt das helle Bild an ſeinen Raͤndern ſchwaͤcher beleuchtet. 399. Nimmt man viereckte Oeffnungen von welcher Groͤße man wolle, ſo wird das helle Bild auf einer Tafel, die neun Fuß von den Oeffnungen ſteht, um einen Zoll an jeder Seite groͤßer ſeyn als die Oeff- nung; welches mit dem Winkel des ſcheinbaren Son- nendiameters ziemlich uͤbereinkommt. 400. Daß eben dieſe Randerleuchtung nach und nach abnehme, iſt ganz natuͤrlich, weil zuletzt nur ein Minimum des Sonnenlichtes vom Sonnenrande uͤbers Kreuz durch den Rand der Oeffnung einwirken kann.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/207>, abgerufen am 19.04.2024.