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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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Erscheinung niemals glänzender gesehen, als bey dem
Objectivglase eines achromatischen Fernrohrs, bey wel-
chem das Crownglas mit dem Flintglase sich allzu ge-
nau berühren mochte.

446.

Merkwürdig ist die Erscheinung, wenn ungleich-
artige Flächen, z. B. ein geschliffner Krystall an eine
Glasplatte gedrückt wird. Die Erscheinung zeigt sich
keinesweges in großen fließenden Wellen, wie bey der
Verbindung des Glases mit dem Glase, sondern sie
ist klein und zackig und gleichsam unterbrochen, so daß
es scheint, die Fläche des geschliffenen Krystalls, die
aus unendlich kleinen Durchschnitten der Lamellen be-
steht, berühre das Glas nicht in einer solchen Conti-
nuität, als es von einem andern Glase geschieht.

447.

Die Farbenerscheinung verschwindet durch den stärk-
sten Druck, der die beyden Flächen so innig verbindet,
daß sie nur einen Körper auszumachen scheinen. Da-
her entsteht der dunkle Punct in der Mitte, weil die
gedruckte Linse auf diesem Puncte kein Licht mehr zu-
rückwirft, so wie eben derselbe Punct, wenn man ihn
gegen das Licht sieht, völlig hell und durchsichtig ist.
Bey Nachlassung des Drucks verschwinden die Farben
allmählich, und völlig, wenn man die Flächen von
einander schiebt.

448.

Eben diese Erscheinungen kommen noch in zwey
ähnlichen Fällen vor. Wenn ganze durchsichtige Mas-

Erſcheinung niemals glaͤnzender geſehen, als bey dem
Objectivglaſe eines achromatiſchen Fernrohrs, bey wel-
chem das Crownglas mit dem Flintglaſe ſich allzu ge-
nau beruͤhren mochte.

446.

Merkwuͤrdig iſt die Erſcheinung, wenn ungleich-
artige Flaͤchen, z. B. ein geſchliffner Kryſtall an eine
Glasplatte gedruͤckt wird. Die Erſcheinung zeigt ſich
keinesweges in großen fließenden Wellen, wie bey der
Verbindung des Glaſes mit dem Glaſe, ſondern ſie
iſt klein und zackig und gleichſam unterbrochen, ſo daß
es ſcheint, die Flaͤche des geſchliffenen Kryſtalls, die
aus unendlich kleinen Durchſchnitten der Lamellen be-
ſteht, beruͤhre das Glas nicht in einer ſolchen Conti-
nuitaͤt, als es von einem andern Glaſe geſchieht.

447.

Die Farbenerſcheinung verſchwindet durch den ſtaͤrk-
ſten Druck, der die beyden Flaͤchen ſo innig verbindet,
daß ſie nur einen Koͤrper auszumachen ſcheinen. Da-
her entſteht der dunkle Punct in der Mitte, weil die
gedruckte Linſe auf dieſem Puncte kein Licht mehr zu-
ruͤckwirft, ſo wie eben derſelbe Punct, wenn man ihn
gegen das Licht ſieht, voͤllig hell und durchſichtig iſt.
Bey Nachlaſſung des Drucks verſchwinden die Farben
allmaͤhlich, und voͤllig, wenn man die Flaͤchen von
einander ſchiebt.

448.

Eben dieſe Erſcheinungen kommen noch in zwey
aͤhnlichen Faͤllen vor. Wenn ganze durchſichtige Maſ-

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[171/0225] Erſcheinung niemals glaͤnzender geſehen, als bey dem Objectivglaſe eines achromatiſchen Fernrohrs, bey wel- chem das Crownglas mit dem Flintglaſe ſich allzu ge- nau beruͤhren mochte. 446. Merkwuͤrdig iſt die Erſcheinung, wenn ungleich- artige Flaͤchen, z. B. ein geſchliffner Kryſtall an eine Glasplatte gedruͤckt wird. Die Erſcheinung zeigt ſich keinesweges in großen fließenden Wellen, wie bey der Verbindung des Glaſes mit dem Glaſe, ſondern ſie iſt klein und zackig und gleichſam unterbrochen, ſo daß es ſcheint, die Flaͤche des geſchliffenen Kryſtalls, die aus unendlich kleinen Durchſchnitten der Lamellen be- ſteht, beruͤhre das Glas nicht in einer ſolchen Conti- nuitaͤt, als es von einem andern Glaſe geſchieht. 447. Die Farbenerſcheinung verſchwindet durch den ſtaͤrk- ſten Druck, der die beyden Flaͤchen ſo innig verbindet, daß ſie nur einen Koͤrper auszumachen ſcheinen. Da- her entſteht der dunkle Punct in der Mitte, weil die gedruckte Linſe auf dieſem Puncte kein Licht mehr zu- ruͤckwirft, ſo wie eben derſelbe Punct, wenn man ihn gegen das Licht ſieht, voͤllig hell und durchſichtig iſt. Bey Nachlaſſung des Drucks verſchwinden die Farben allmaͤhlich, und voͤllig, wenn man die Flaͤchen von einander ſchiebt. 448. Eben dieſe Erſcheinungen kommen noch in zwey aͤhnlichen Faͤllen vor. Wenn ganze durchſichtige Maſ-

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/225>, abgerufen am 19.04.2024.