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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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eigentlich entwickelt sich immer die folgende aus der
vorhergehenden.

476.

Wenn man ein Federmesser ins Licht hält, so
wird ein farbiger Streif quer über die Klinge entstehen.
Der Theil des Streifes, der am tiefsten in der Flamme
war, ist hellblau, das sich ins Blaurothe verliert.
Der Purpur steht in der Mitte, dann folgt Gelbroth
und Gelb.

477.

Dieses Phänomen leitet sich aus dem vorhergehen-
den ab; denn die Klinge nach dem Stile zu ist we-
niger erhitzt, als an der Spitze, welche sich in der
Flamme befindet; und so müssen alle Farben, die
sonst nach einander entstehen, auf einmal erscheinen,
und man kann sie auf das beste figirt aufbewahren.

478.

Robert Boyle giebt diese Farbensuccession folgender-
maßen an: a florido flavo ad flavum saturum et ru-
bescentem (quem artifices sanguineum vocant) inde
ad languidum, postea ad saturiorem cyaneum.
Die-
ses wäre ganz gut, wenn man die Worte languidus und
saturior ihre Stellen verwechseln ließe. Inwiefern
die Bemerkung richtig ist, daß die verschiedenen Far-
ben auf die Grade der folgenden Härtung Einfluß ha-
ben, lassen wir dahingestellt seyn. Die Farben sind
hier nur Anzeichen der verschiedenen Grade der Hitze.

eigentlich entwickelt ſich immer die folgende aus der
vorhergehenden.

476.

Wenn man ein Federmeſſer ins Licht haͤlt, ſo
wird ein farbiger Streif quer uͤber die Klinge entſtehen.
Der Theil des Streifes, der am tiefſten in der Flamme
war, iſt hellblau, das ſich ins Blaurothe verliert.
Der Purpur ſteht in der Mitte, dann folgt Gelbroth
und Gelb.

477.

Dieſes Phaͤnomen leitet ſich aus dem vorhergehen-
den ab; denn die Klinge nach dem Stile zu iſt we-
niger erhitzt, als an der Spitze, welche ſich in der
Flamme befindet; und ſo muͤſſen alle Farben, die
ſonſt nach einander entſtehen, auf einmal erſcheinen,
und man kann ſie auf das beſte figirt aufbewahren.

478.

Robert Boyle giebt dieſe Farbenſucceſſion folgender-
maßen an: a florido flavo ad flavum saturum et ru-
bescentem (quem artifices sanguineum vocant) inde
ad languidum, postea ad saturiorem cyaneum.
Die-
ſes waͤre ganz gut, wenn man die Worte languidus und
saturior ihre Stellen verwechſeln ließe. Inwiefern
die Bemerkung richtig iſt, daß die verſchiedenen Far-
ben auf die Grade der folgenden Haͤrtung Einfluß ha-
ben, laſſen wir dahingeſtellt ſeyn. Die Farben ſind
hier nur Anzeichen der verſchiedenen Grade der Hitze.

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[182/0236] eigentlich entwickelt ſich immer die folgende aus der vorhergehenden. 476. Wenn man ein Federmeſſer ins Licht haͤlt, ſo wird ein farbiger Streif quer uͤber die Klinge entſtehen. Der Theil des Streifes, der am tiefſten in der Flamme war, iſt hellblau, das ſich ins Blaurothe verliert. Der Purpur ſteht in der Mitte, dann folgt Gelbroth und Gelb. 477. Dieſes Phaͤnomen leitet ſich aus dem vorhergehen- den ab; denn die Klinge nach dem Stile zu iſt we- niger erhitzt, als an der Spitze, welche ſich in der Flamme befindet; und ſo muͤſſen alle Farben, die ſonſt nach einander entſtehen, auf einmal erſcheinen, und man kann ſie auf das beſte figirt aufbewahren. 478. Robert Boyle giebt dieſe Farbenſucceſſion folgender- maßen an: a florido flavo ad flavum saturum et ru- bescentem (quem artifices sanguineum vocant) inde ad languidum, postea ad saturiorem cyaneum. Die- ſes waͤre ganz gut, wenn man die Worte languidus und saturior ihre Stellen verwechſeln ließe. Inwiefern die Bemerkung richtig iſt, daß die verſchiedenen Far- ben auf die Grade der folgenden Haͤrtung Einfluß ha- ben, laſſen wir dahingeſtellt ſeyn. Die Farben ſind hier nur Anzeichen der verſchiedenen Grade der Hitze.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/236>, abgerufen am 23.04.2024.