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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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576.

Diese Operation ist von der größten Zartheit, und
so auch die Steigerung, welche immer fortwächst, die
Körper, welche bearbeitet werden, immer inniger und
kräftiger färbt, und so auf die größte Feinheit der be-
handelten Theile, auf unendliche Theilbarkeit hinweist.

577.

Mit den Farben, welche sich gegen das Dunkle
hinbegeben, und folglich besonders mit dem Blauen kön-
nen wir ganz an das Schwarze hinanrücken; wie uns
denn ein recht vollkommnes Berlinerblau, ein durch Vi-
triolsäure behandelter Indig fast als Schwarz erscheint.

578.

Hier ist es nun der Ort, einer merkwürdigen Er-
scheinung zu gedenken, daß nehmlich Pigmente in ih-
rem höchst gesättigten und gedrängten Zustande, be-
sonders aus dem Pflanzenreiche, als erstgedachter In-
dig, oder auf seine höchste Stufe geführter Krapp,
ihre Farbe nicht mehr zeigen; vielmehr erscheint auf
ihrer Oberfläche ein entschiedener Metallglanz, in wel-
chem die physiologisch geforderte Farbe spielt.

579.

Schon jeder gute Indig zeigt eine Kupferfarbe auf
dem Bruch; welches im Handel ein Kennzeichen aus-
macht. Der durch Schwefelsäure bearbeitete aber,
wenn man ihn dick aufstreicht, oder eintrocknet, so
daß weder das weiße Papier noch die Porcellanschale
durchwirken kann, läßt eine Farbe sehen, die dem
Orange nahkommt.

576.

Dieſe Operation iſt von der groͤßten Zartheit, und
ſo auch die Steigerung, welche immer fortwaͤchſt, die
Koͤrper, welche bearbeitet werden, immer inniger und
kraͤftiger faͤrbt, und ſo auf die groͤßte Feinheit der be-
handelten Theile, auf unendliche Theilbarkeit hinweiſt.

577.

Mit den Farben, welche ſich gegen das Dunkle
hinbegeben, und folglich beſonders mit dem Blauen koͤn-
nen wir ganz an das Schwarze hinanruͤcken; wie uns
denn ein recht vollkommnes Berlinerblau, ein durch Vi-
triolſaͤure behandelter Indig faſt als Schwarz erſcheint.

578.

Hier iſt es nun der Ort, einer merkwuͤrdigen Er-
ſcheinung zu gedenken, daß nehmlich Pigmente in ih-
rem hoͤchſt geſaͤttigten und gedraͤngten Zuſtande, be-
ſonders aus dem Pflanzenreiche, als erſtgedachter In-
dig, oder auf ſeine hoͤchſte Stufe gefuͤhrter Krapp,
ihre Farbe nicht mehr zeigen; vielmehr erſcheint auf
ihrer Oberflaͤche ein entſchiedener Metallglanz, in wel-
chem die phyſiologiſch geforderte Farbe ſpielt.

579.

Schon jeder gute Indig zeigt eine Kupferfarbe auf
dem Bruch; welches im Handel ein Kennzeichen aus-
macht. Der durch Schwefelſaͤure bearbeitete aber,
wenn man ihn dick aufſtreicht, oder eintrocknet, ſo
daß weder das weiße Papier noch die Porcellanſchale
durchwirken kann, laͤßt eine Farbe ſehen, die dem
Orange nahkommt.

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[215/0269] 576. Dieſe Operation iſt von der groͤßten Zartheit, und ſo auch die Steigerung, welche immer fortwaͤchſt, die Koͤrper, welche bearbeitet werden, immer inniger und kraͤftiger faͤrbt, und ſo auf die groͤßte Feinheit der be- handelten Theile, auf unendliche Theilbarkeit hinweiſt. 577. Mit den Farben, welche ſich gegen das Dunkle hinbegeben, und folglich beſonders mit dem Blauen koͤn- nen wir ganz an das Schwarze hinanruͤcken; wie uns denn ein recht vollkommnes Berlinerblau, ein durch Vi- triolſaͤure behandelter Indig faſt als Schwarz erſcheint. 578. Hier iſt es nun der Ort, einer merkwuͤrdigen Er- ſcheinung zu gedenken, daß nehmlich Pigmente in ih- rem hoͤchſt geſaͤttigten und gedraͤngten Zuſtande, be- ſonders aus dem Pflanzenreiche, als erſtgedachter In- dig, oder auf ſeine hoͤchſte Stufe gefuͤhrter Krapp, ihre Farbe nicht mehr zeigen; vielmehr erſcheint auf ihrer Oberflaͤche ein entſchiedener Metallglanz, in wel- chem die phyſiologiſch geforderte Farbe ſpielt. 579. Schon jeder gute Indig zeigt eine Kupferfarbe auf dem Bruch; welches im Handel ein Kennzeichen aus- macht. Der durch Schwefelſaͤure bearbeitete aber, wenn man ihn dick aufſtreicht, oder eintrocknet, ſo daß weder das weiße Papier noch die Porcellanſchale durchwirken kann, laͤßt eine Farbe ſehen, die dem Orange nahkommt.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/269>, abgerufen am 20.04.2024.