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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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auf einen metallisch glänzenden weißen Grund, wie
unsre sogenannten Folien verfertigt werden; so zeigt
sich die Herrlichkeit der Farbe bey diesem zurückwirken-
den Licht so sehr als bey irgend einem prismatischen
Versuche. Ja die Energie der physischen Farben be-
ruht hauptsächlich darauf, daß mit und hinter ihnen
das Licht immerfort wirksam ist.

584.

Lichtenberg, der zwar seiner Zeit und Lage nach
der hergebrachten Vorstellung folgen mußte, war
doch zu ein guter Beobachter, und zu geistreich, als
daß er das, was ihm vor Augen erschien, nicht hätte
bemerken und nach seiner Weise erklären und zurecht
legen sollen. Er sagt in der Vorrede zu Delavalle:
"Auch scheint es mir aus andern Gründen -- wahr-
scheinlich, daß unser Organ, um eine Farbe zu em-
pfinden, etwas von allem Licht (weißes) zugleich mit
empfinden müsse."

585.

Sich weiße Unterlagen zu verschaffen, ist das Haupt-
geschäft des Färbers. Farblosen Erden, besonders dem
Alaun, kann jede specificirte Farbe leicht mitgetheilt
werden. Besonders aber hat der Färber mit Produk-
ten der animalischen und der Pflanzenorganisation zu
schaffen.

586.

Alles Lebendige strebt zur Farbe, zum Besondern,
zur Specification, zum Effect, zur Undurchsichtigkeit

auf einen metalliſch glaͤnzenden weißen Grund, wie
unſre ſogenannten Folien verfertigt werden; ſo zeigt
ſich die Herrlichkeit der Farbe bey dieſem zuruͤckwirken-
den Licht ſo ſehr als bey irgend einem prismatiſchen
Verſuche. Ja die Energie der phyſiſchen Farben be-
ruht hauptſaͤchlich darauf, daß mit und hinter ihnen
das Licht immerfort wirkſam iſt.

584.

Lichtenberg, der zwar ſeiner Zeit und Lage nach
der hergebrachten Vorſtellung folgen mußte, war
doch zu ein guter Beobachter, und zu geiſtreich, als
daß er das, was ihm vor Augen erſchien, nicht haͤtte
bemerken und nach ſeiner Weiſe erklaͤren und zurecht
legen ſollen. Er ſagt in der Vorrede zu Delavalle:
„Auch ſcheint es mir aus andern Gruͤnden — wahr-
ſcheinlich, daß unſer Organ, um eine Farbe zu em-
pfinden, etwas von allem Licht (weißes) zugleich mit
empfinden muͤſſe.“

585.

Sich weiße Unterlagen zu verſchaffen, iſt das Haupt-
geſchaͤft des Faͤrbers. Farbloſen Erden, beſonders dem
Alaun, kann jede ſpecificirte Farbe leicht mitgetheilt
werden. Beſonders aber hat der Faͤrber mit Produk-
ten der animaliſchen und der Pflanzenorganiſation zu
ſchaffen.

586.

Alles Lebendige ſtrebt zur Farbe, zum Beſondern,
zur Specification, zum Effect, zur Undurchſichtigkeit

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[217/0271] auf einen metalliſch glaͤnzenden weißen Grund, wie unſre ſogenannten Folien verfertigt werden; ſo zeigt ſich die Herrlichkeit der Farbe bey dieſem zuruͤckwirken- den Licht ſo ſehr als bey irgend einem prismatiſchen Verſuche. Ja die Energie der phyſiſchen Farben be- ruht hauptſaͤchlich darauf, daß mit und hinter ihnen das Licht immerfort wirkſam iſt. 584. Lichtenberg, der zwar ſeiner Zeit und Lage nach der hergebrachten Vorſtellung folgen mußte, war doch zu ein guter Beobachter, und zu geiſtreich, als daß er das, was ihm vor Augen erſchien, nicht haͤtte bemerken und nach ſeiner Weiſe erklaͤren und zurecht legen ſollen. Er ſagt in der Vorrede zu Delavalle: „Auch ſcheint es mir aus andern Gruͤnden — wahr- ſcheinlich, daß unſer Organ, um eine Farbe zu em- pfinden, etwas von allem Licht (weißes) zugleich mit empfinden muͤſſe.“ 585. Sich weiße Unterlagen zu verſchaffen, iſt das Haupt- geſchaͤft des Faͤrbers. Farbloſen Erden, beſonders dem Alaun, kann jede ſpecificirte Farbe leicht mitgetheilt werden. Beſonders aber hat der Faͤrber mit Produk- ten der animaliſchen und der Pflanzenorganiſation zu ſchaffen. 586. Alles Lebendige ſtrebt zur Farbe, zum Beſondern, zur Specification, zum Effect, zur Undurchſichtigkeit

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/271>, abgerufen am 29.03.2024.