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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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gesehen, das Hauptfundament der ganzen Färberey
weiße Unterlagen sind: so hat sich die Technik, theils
zufällig, theils mit Nachdenken, auf das Entziehen
der Farbe aus diesen Stoffen so emsig geworfen, daß
man hierüber unzählige Versuche gemacht und gar
manches Bedeutende entdeckt hat.

595.

In dieser völligen Entziehung der Farbe liegt ei-
gentlich die Beschäftigung der Bleichkunst, welche von
mehreren empirischer oder methodischer abgehandelt wor-
den. Wir geben die Hauptmomente hier nur kürzlich an.

596.

Das Licht wird als eines der ersten Mittel, die
Farbe den Körpern zu entziehen, angesehen, und zwar
nicht allein das Sonnenlicht, sondern das bloße ge-
waltlose Tageslicht. Denn wie beyde Lichter, sowohl
das directe von der Sonne, als auch das abgeleitete
Himmelslicht, die Bonnonischen Phosphoren entzün-
den, so wirken auch beyde Lichter auf gefärbte Flächen.
Es sey nun, daß das Licht die ihm verwandte
Farbe ergreife, sie, die so viel Flammenartiges hat,
gleichsam entzünde, verbrenne, und das an ihr Spe-
cificirte wieder in ein Allgemeines auflöse, oder daß
eine andre uns unbekannte Operation geschehe, genug
das Licht übt eine große Gewalt gegen farbige Flächen
aus und bleicht sie mehr oder weniger. Doch zeigen
auch hier die verschiedenen Farben eine verschiedene
Zerstörlichkeit und Dauer; wie denn das Gelbe, be-

geſehen, das Hauptfundament der ganzen Faͤrberey
weiße Unterlagen ſind: ſo hat ſich die Technik, theils
zufaͤllig, theils mit Nachdenken, auf das Entziehen
der Farbe aus dieſen Stoffen ſo emſig geworfen, daß
man hieruͤber unzaͤhlige Verſuche gemacht und gar
manches Bedeutende entdeckt hat.

595.

In dieſer voͤlligen Entziehung der Farbe liegt ei-
gentlich die Beſchaͤftigung der Bleichkunſt, welche von
mehreren empiriſcher oder methodiſcher abgehandelt wor-
den. Wir geben die Hauptmomente hier nur kuͤrzlich an.

596.

Das Licht wird als eines der erſten Mittel, die
Farbe den Koͤrpern zu entziehen, angeſehen, und zwar
nicht allein das Sonnenlicht, ſondern das bloße ge-
waltloſe Tageslicht. Denn wie beyde Lichter, ſowohl
das directe von der Sonne, als auch das abgeleitete
Himmelslicht, die Bonnoniſchen Phosphoren entzuͤn-
den, ſo wirken auch beyde Lichter auf gefaͤrbte Flaͤchen.
Es ſey nun, daß das Licht die ihm verwandte
Farbe ergreife, ſie, die ſo viel Flammenartiges hat,
gleichſam entzuͤnde, verbrenne, und das an ihr Spe-
cificirte wieder in ein Allgemeines aufloͤſe, oder daß
eine andre uns unbekannte Operation geſchehe, genug
das Licht uͤbt eine große Gewalt gegen farbige Flaͤchen
aus und bleicht ſie mehr oder weniger. Doch zeigen
auch hier die verſchiedenen Farben eine verſchiedene
Zerſtoͤrlichkeit und Dauer; wie denn das Gelbe, be-

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[221/0275] geſehen, das Hauptfundament der ganzen Faͤrberey weiße Unterlagen ſind: ſo hat ſich die Technik, theils zufaͤllig, theils mit Nachdenken, auf das Entziehen der Farbe aus dieſen Stoffen ſo emſig geworfen, daß man hieruͤber unzaͤhlige Verſuche gemacht und gar manches Bedeutende entdeckt hat. 595. In dieſer voͤlligen Entziehung der Farbe liegt ei- gentlich die Beſchaͤftigung der Bleichkunſt, welche von mehreren empiriſcher oder methodiſcher abgehandelt wor- den. Wir geben die Hauptmomente hier nur kuͤrzlich an. 596. Das Licht wird als eines der erſten Mittel, die Farbe den Koͤrpern zu entziehen, angeſehen, und zwar nicht allein das Sonnenlicht, ſondern das bloße ge- waltloſe Tageslicht. Denn wie beyde Lichter, ſowohl das directe von der Sonne, als auch das abgeleitete Himmelslicht, die Bonnoniſchen Phosphoren entzuͤn- den, ſo wirken auch beyde Lichter auf gefaͤrbte Flaͤchen. Es ſey nun, daß das Licht die ihm verwandte Farbe ergreife, ſie, die ſo viel Flammenartiges hat, gleichſam entzuͤnde, verbrenne, und das an ihr Spe- cificirte wieder in ein Allgemeines aufloͤſe, oder daß eine andre uns unbekannte Operation geſchehe, genug das Licht uͤbt eine große Gewalt gegen farbige Flaͤchen aus und bleicht ſie mehr oder weniger. Doch zeigen auch hier die verſchiedenen Farben eine verſchiedene Zerſtoͤrlichkeit und Dauer; wie denn das Gelbe, be-

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/275>, abgerufen am 24.04.2024.