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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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611.

Wollten wir in jeden Zwischenraum zwischen die-
sen vieren noch zwey Bestimmungen setzen, als Roth-
gelb und Gelbroth, Rothblau und Blauroth, Gelbgrün
und Grüngelb, Blaugrün und Grünblau; so wür-
den wir die Schattirungen des Farbenkreises bestimmt
genug ausdrücken; und wenn wir die Bezeichnungen
von Hell und Dunkel hinzufügen wollten, ingleichen
die Beschmutzungen einigermaßen andeuten, wozu uns
die gleichfalls einsylbigen Worte Schwarz, Weiß, Grau
und Braun zu Diensten stehn; so würden wir ziemlich
auslangen, und die vorkommenden Erscheinungen aus-
drücken, ohne uns zu bekümmern, ob sie auf dyna-
mischem oder atomistischem Wege entstanden sind.

612.

Man könnte jedoch immer hiebey die specifischen
und individuellen Ausdrücke vortheilhaft benutzen; so
wie wir uns auch des Worts Orange und Violett
bedienten. Ingleichen haben wir das Wort Purpur
gebraucht, um das reine in der Mitte stehende Roth
zu bezeichnen, weil der Saft der Purpurschnecke, be-
sonders wenn er seine Leinwand durchdrungen hat,
vorzüglich durch das Sonnenlicht zu dem höchsten
Puncte der Culmination zu bringen ist.



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611.

Wollten wir in jeden Zwiſchenraum zwiſchen die-
ſen vieren noch zwey Beſtimmungen ſetzen, als Roth-
gelb und Gelbroth, Rothblau und Blauroth, Gelbgruͤn
und Gruͤngelb, Blaugruͤn und Gruͤnblau; ſo wuͤr-
den wir die Schattirungen des Farbenkreiſes beſtimmt
genug ausdruͤcken; und wenn wir die Bezeichnungen
von Hell und Dunkel hinzufuͤgen wollten, ingleichen
die Beſchmutzungen einigermaßen andeuten, wozu uns
die gleichfalls einſylbigen Worte Schwarz, Weiß, Grau
und Braun zu Dienſten ſtehn; ſo wuͤrden wir ziemlich
auslangen, und die vorkommenden Erſcheinungen aus-
druͤcken, ohne uns zu bekuͤmmern, ob ſie auf dyna-
miſchem oder atomiſtiſchem Wege entſtanden ſind.

612.

Man koͤnnte jedoch immer hiebey die ſpecifiſchen
und individuellen Ausdruͤcke vortheilhaft benutzen; ſo
wie wir uns auch des Worts Orange und Violett
bedienten. Ingleichen haben wir das Wort Purpur
gebraucht, um das reine in der Mitte ſtehende Roth
zu bezeichnen, weil der Saft der Purpurſchnecke, be-
ſonders wenn er ſeine Leinwand durchdrungen hat,
vorzuͤglich durch das Sonnenlicht zu dem hoͤchſten
Puncte der Culmination zu bringen iſt.



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[227/0281] 611. Wollten wir in jeden Zwiſchenraum zwiſchen die- ſen vieren noch zwey Beſtimmungen ſetzen, als Roth- gelb und Gelbroth, Rothblau und Blauroth, Gelbgruͤn und Gruͤngelb, Blaugruͤn und Gruͤnblau; ſo wuͤr- den wir die Schattirungen des Farbenkreiſes beſtimmt genug ausdruͤcken; und wenn wir die Bezeichnungen von Hell und Dunkel hinzufuͤgen wollten, ingleichen die Beſchmutzungen einigermaßen andeuten, wozu uns die gleichfalls einſylbigen Worte Schwarz, Weiß, Grau und Braun zu Dienſten ſtehn; ſo wuͤrden wir ziemlich auslangen, und die vorkommenden Erſcheinungen aus- druͤcken, ohne uns zu bekuͤmmern, ob ſie auf dyna- miſchem oder atomiſtiſchem Wege entſtanden ſind. 612. Man koͤnnte jedoch immer hiebey die ſpecifiſchen und individuellen Ausdruͤcke vortheilhaft benutzen; ſo wie wir uns auch des Worts Orange und Violett bedienten. Ingleichen haben wir das Wort Purpur gebraucht, um das reine in der Mitte ſtehende Roth zu bezeichnen, weil der Saft der Purpurſchnecke, be- ſonders wenn er ſeine Leinwand durchdrungen hat, vorzuͤglich durch das Sonnenlicht zu dem hoͤchſten Puncte der Culmination zu bringen iſt. 15 *

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/281>, abgerufen am 25.04.2024.