Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

sind und beym Auskochen einen schönen gelben Saft
von sich geben. Nachher werden sie immer grüner,
so wie die Blätter von andern Bäumen nach und nach
in das Blaugrüne übergehen.

632.

So scheint auch das Gelbe wesentlicher den Blät-
tern anzugehören, als der blaue Antheil: denn die-
ser verschwindet im Herbste, und das Gelbe des Blat-
tes scheint in eine braune Farbe übergegangen. Noch
merkwürdiger aber sind die besonderen Fälle, da die
Blätter im Herbste wieder rein gelb werden, und an-
dre sich bis zu dem höchsten Roth hinaufsteigern.

633.

Uebrigens haben einige Pflanzen die Eigenschaft,
durch künstliche Behandlung fast durchaus in ein Far-
bematerial verwandelt zu werden, das so fein, wirk-
sam und unendlich theilbar ist, als irgend ein anderes.
Beyspiele sind der Indigo und Krapp, mit denen so
viel geleistet wird. Auch werden Flechten zum Färben
benutzt.

634.

Diesem Phänomen steht ein anderes unmittelbar
entgegen, daß man nehmlich den färbenden Theil der
Pflanzen ausziehen und gleichsam besonders darstellen
kann, ohne daß ihre Organisation dadurch etwas zu
leiden scheint. Die Farben der Blumen lassen sich
durch Weingeist ausziehen und tingiren denselben; die
Blumenblätter dagegen erscheinen weiß.

ſind und beym Auskochen einen ſchoͤnen gelben Saft
von ſich geben. Nachher werden ſie immer gruͤner,
ſo wie die Blaͤtter von andern Baͤumen nach und nach
in das Blaugruͤne uͤbergehen.

632.

So ſcheint auch das Gelbe weſentlicher den Blaͤt-
tern anzugehoͤren, als der blaue Antheil: denn die-
ſer verſchwindet im Herbſte, und das Gelbe des Blat-
tes ſcheint in eine braune Farbe uͤbergegangen. Noch
merkwuͤrdiger aber ſind die beſonderen Faͤlle, da die
Blaͤtter im Herbſte wieder rein gelb werden, und an-
dre ſich bis zu dem hoͤchſten Roth hinaufſteigern.

633.

Uebrigens haben einige Pflanzen die Eigenſchaft,
durch kuͤnſtliche Behandlung faſt durchaus in ein Far-
bematerial verwandelt zu werden, das ſo fein, wirk-
ſam und unendlich theilbar iſt, als irgend ein anderes.
Beyſpiele ſind der Indigo und Krapp, mit denen ſo
viel geleiſtet wird. Auch werden Flechten zum Faͤrben
benutzt.

634.

Dieſem Phaͤnomen ſteht ein anderes unmittelbar
entgegen, daß man nehmlich den faͤrbenden Theil der
Pflanzen ausziehen und gleichſam beſonders darſtellen
kann, ohne daß ihre Organiſation dadurch etwas zu
leiden ſcheint. Die Farben der Blumen laſſen ſich
durch Weingeiſt ausziehen und tingiren denſelben; die
Blumenblaͤtter dagegen erſcheinen weiß.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0288" n="234"/>
&#x017F;ind und beym Auskochen einen &#x017F;cho&#x0364;nen gelben Saft<lb/>
von &#x017F;ich geben. Nachher werden &#x017F;ie immer gru&#x0364;ner,<lb/>
&#x017F;o wie die Bla&#x0364;tter von andern Ba&#x0364;umen nach und nach<lb/>
in das Blaugru&#x0364;ne u&#x0364;bergehen.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>632.</head><lb/>
              <p>So &#x017F;cheint auch das Gelbe we&#x017F;entlicher den Bla&#x0364;t-<lb/>
tern anzugeho&#x0364;ren, als der blaue Antheil: denn die-<lb/>
&#x017F;er ver&#x017F;chwindet im Herb&#x017F;te, und das Gelbe des Blat-<lb/>
tes &#x017F;cheint in eine braune Farbe u&#x0364;bergegangen. Noch<lb/>
merkwu&#x0364;rdiger aber &#x017F;ind die be&#x017F;onderen Fa&#x0364;lle, da die<lb/>
Bla&#x0364;tter im Herb&#x017F;te wieder rein gelb werden, und an-<lb/>
dre &#x017F;ich bis zu dem ho&#x0364;ch&#x017F;ten Roth hinauf&#x017F;teigern.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>633.</head><lb/>
              <p>Uebrigens haben einige Pflanzen die Eigen&#x017F;chaft,<lb/>
durch ku&#x0364;n&#x017F;tliche Behandlung fa&#x017F;t durchaus in ein Far-<lb/>
bematerial verwandelt zu werden, das &#x017F;o fein, wirk-<lb/>
&#x017F;am und unendlich theilbar i&#x017F;t, als irgend ein anderes.<lb/>
Bey&#x017F;piele &#x017F;ind der Indigo und Krapp, mit denen &#x017F;o<lb/>
viel gelei&#x017F;tet wird. Auch werden Flechten zum Fa&#x0364;rben<lb/>
benutzt.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>634.</head><lb/>
              <p>Die&#x017F;em Pha&#x0364;nomen &#x017F;teht ein anderes unmittelbar<lb/>
entgegen, daß man nehmlich den fa&#x0364;rbenden Theil der<lb/>
Pflanzen ausziehen und gleich&#x017F;am be&#x017F;onders dar&#x017F;tellen<lb/>
kann, ohne daß ihre Organi&#x017F;ation dadurch etwas zu<lb/>
leiden &#x017F;cheint. Die Farben der Blumen la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich<lb/>
durch Weingei&#x017F;t ausziehen und tingiren den&#x017F;elben; die<lb/>
Blumenbla&#x0364;tter dagegen er&#x017F;cheinen weiß.</p>
            </div><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[234/0288] ſind und beym Auskochen einen ſchoͤnen gelben Saft von ſich geben. Nachher werden ſie immer gruͤner, ſo wie die Blaͤtter von andern Baͤumen nach und nach in das Blaugruͤne uͤbergehen. 632. So ſcheint auch das Gelbe weſentlicher den Blaͤt- tern anzugehoͤren, als der blaue Antheil: denn die- ſer verſchwindet im Herbſte, und das Gelbe des Blat- tes ſcheint in eine braune Farbe uͤbergegangen. Noch merkwuͤrdiger aber ſind die beſonderen Faͤlle, da die Blaͤtter im Herbſte wieder rein gelb werden, und an- dre ſich bis zu dem hoͤchſten Roth hinaufſteigern. 633. Uebrigens haben einige Pflanzen die Eigenſchaft, durch kuͤnſtliche Behandlung faſt durchaus in ein Far- bematerial verwandelt zu werden, das ſo fein, wirk- ſam und unendlich theilbar iſt, als irgend ein anderes. Beyſpiele ſind der Indigo und Krapp, mit denen ſo viel geleiſtet wird. Auch werden Flechten zum Faͤrben benutzt. 634. Dieſem Phaͤnomen ſteht ein anderes unmittelbar entgegen, daß man nehmlich den faͤrbenden Theil der Pflanzen ausziehen und gleichſam beſonders darſtellen kann, ohne daß ihre Organiſation dadurch etwas zu leiden ſcheint. Die Farben der Blumen laſſen ſich durch Weingeiſt ausziehen und tingiren denſelben; die Blumenblaͤtter dagegen erſcheinen weiß.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/288
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/288>, abgerufen am 28.03.2024.