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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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wir hierbey bedenken, was so oft von uns urgirt worden,
daß nicht jene Hauptbedingungen der Refraction, der
Reflexion u. s. w. hinreichend sind, die Erscheinung
hervorzubringen. Das Licht wirkt zwar manchmal da-
bey an und für sich, öfters aber als ein bestimmtes,
begränztes, als ein Lichtbild. Die Trübe der Mittel
ist oft eine nothwendige Bedingung, so wie auch
Halb- und Doppelschatten zu manchen farbigen Er-
scheinungen erfordert werden. Durchaus aber entsteht
die Farbe augenblicklich und mit der größten Leichtig-
keit. So finden wir denn auch ferner, daß durch
Druck, Hauch, Rotation, Wärme, durch mancherley
Arten von Bewegung und Veränderung an glatten rei-
nen Körpern, so wie an farblosen Liquoren, die Farbe
sogleich hervorgebracht werde.

692.

In den Bestandtheilen der Körper darf nur die
geringste Veränderung vor sich gehen, es sey nun
durch Mischung mit andern, oder durch sonstige Be-
stimmungen; so entsteht die Farbe an den Körpern,
oder verändert sich an denselben.


Wie energisch die Farbe sey.

693.

Die physischen Farben und besonders die prisma-
tischen wurden ehemals wegen ihrer besondern Herr-

I. 17

wir hierbey bedenken, was ſo oft von uns urgirt worden,
daß nicht jene Hauptbedingungen der Refraction, der
Reflexion u. ſ. w. hinreichend ſind, die Erſcheinung
hervorzubringen. Das Licht wirkt zwar manchmal da-
bey an und fuͤr ſich, oͤfters aber als ein beſtimmtes,
begraͤnztes, als ein Lichtbild. Die Truͤbe der Mittel
iſt oft eine nothwendige Bedingung, ſo wie auch
Halb- und Doppelſchatten zu manchen farbigen Er-
ſcheinungen erfordert werden. Durchaus aber entſteht
die Farbe augenblicklich und mit der groͤßten Leichtig-
keit. So finden wir denn auch ferner, daß durch
Druck, Hauch, Rotation, Waͤrme, durch mancherley
Arten von Bewegung und Veraͤnderung an glatten rei-
nen Koͤrpern, ſo wie an farbloſen Liquoren, die Farbe
ſogleich hervorgebracht werde.

692.

In den Beſtandtheilen der Koͤrper darf nur die
geringſte Veraͤnderung vor ſich gehen, es ſey nun
durch Miſchung mit andern, oder durch ſonſtige Be-
ſtimmungen; ſo entſteht die Farbe an den Koͤrpern,
oder veraͤndert ſich an denſelben.


Wie energiſch die Farbe ſey.

693.

Die phyſiſchen Farben und beſonders die prisma-
tiſchen wurden ehemals wegen ihrer beſondern Herr-

I. 17
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[257/0311] wir hierbey bedenken, was ſo oft von uns urgirt worden, daß nicht jene Hauptbedingungen der Refraction, der Reflexion u. ſ. w. hinreichend ſind, die Erſcheinung hervorzubringen. Das Licht wirkt zwar manchmal da- bey an und fuͤr ſich, oͤfters aber als ein beſtimmtes, begraͤnztes, als ein Lichtbild. Die Truͤbe der Mittel iſt oft eine nothwendige Bedingung, ſo wie auch Halb- und Doppelſchatten zu manchen farbigen Er- ſcheinungen erfordert werden. Durchaus aber entſteht die Farbe augenblicklich und mit der groͤßten Leichtig- keit. So finden wir denn auch ferner, daß durch Druck, Hauch, Rotation, Waͤrme, durch mancherley Arten von Bewegung und Veraͤnderung an glatten rei- nen Koͤrpern, ſo wie an farbloſen Liquoren, die Farbe ſogleich hervorgebracht werde. 692. In den Beſtandtheilen der Koͤrper darf nur die geringſte Veraͤnderung vor ſich gehen, es ſey nun durch Miſchung mit andern, oder durch ſonſtige Be- ſtimmungen; ſo entſteht die Farbe an den Koͤrpern, oder veraͤndert ſich an denſelben. Wie energiſch die Farbe ſey. 693. Die phyſiſchen Farben und beſonders die prisma- tiſchen wurden ehemals wegen ihrer beſondern Herr- I. 17

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/311>, abgerufen am 24.04.2024.