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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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angenehm, und als Kleidung in mehr oder minderm
Grade erfreulich oder herrlich. Ein kleiner Blick ins
Rothe gibt dem Gelben gleich ein ander Ansehn; und
wenn Engländer und Deutsche sich noch an blaßgelben
hellen Lederfarben genügen lassen, so liebt der Fran-
zose, wie Pater Castel schon bemerkt, das ins Roth
gesteigerte Gelb; wie ihn überhaupt an Farben alles
freut, was sich auf der activen Seite befindet.


Gelbroth.

774.

Wie das reine Gelb sehr leicht in das Rothgelbe
hinübergeht, so ist die Steigerung dieses letzten ins
Gelbrothe nicht aufzuhalten. Das angenehme heitre
Gefühl, das uns das Rothgelbe noch gewährt, stei-
gert sich bis zum unerträglich Gewaltsamen im hohen
Gelbrothen.

775.

Die active Seite ist hier in ihrer höchsten Energie,
und es ist kein Wunder, daß energische, gesunde,
rohe Menschen sich besonders an dieser Farbe erfreuen.
Man hat die Neigung zu derselben bey wilden Völkern
durchaus bemerkt. Und wenn Kinder, sich selbst über-
lassen, zu illuminiren anfangen, so werden sie Zin-
nober und Mennig nicht schonen.

angenehm, und als Kleidung in mehr oder minderm
Grade erfreulich oder herrlich. Ein kleiner Blick ins
Rothe gibt dem Gelben gleich ein ander Anſehn; und
wenn Englaͤnder und Deutſche ſich noch an blaßgelben
hellen Lederfarben genuͤgen laſſen, ſo liebt der Fran-
zoſe, wie Pater Caſtel ſchon bemerkt, das ins Roth
geſteigerte Gelb; wie ihn uͤberhaupt an Farben alles
freut, was ſich auf der activen Seite befindet.


Gelbroth.

774.

Wie das reine Gelb ſehr leicht in das Rothgelbe
hinuͤbergeht, ſo iſt die Steigerung dieſes letzten ins
Gelbrothe nicht aufzuhalten. Das angenehme heitre
Gefuͤhl, das uns das Rothgelbe noch gewaͤhrt, ſtei-
gert ſich bis zum unertraͤglich Gewaltſamen im hohen
Gelbrothen.

775.

Die active Seite iſt hier in ihrer hoͤchſten Energie,
und es iſt kein Wunder, daß energiſche, geſunde,
rohe Menſchen ſich beſonders an dieſer Farbe erfreuen.
Man hat die Neigung zu derſelben bey wilden Voͤlkern
durchaus bemerkt. Und wenn Kinder, ſich ſelbſt uͤber-
laſſen, zu illuminiren anfangen, ſo werden ſie Zin-
nober und Mennig nicht ſchonen.

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[293/0347] angenehm, und als Kleidung in mehr oder minderm Grade erfreulich oder herrlich. Ein kleiner Blick ins Rothe gibt dem Gelben gleich ein ander Anſehn; und wenn Englaͤnder und Deutſche ſich noch an blaßgelben hellen Lederfarben genuͤgen laſſen, ſo liebt der Fran- zoſe, wie Pater Caſtel ſchon bemerkt, das ins Roth geſteigerte Gelb; wie ihn uͤberhaupt an Farben alles freut, was ſich auf der activen Seite befindet. Gelbroth. 774. Wie das reine Gelb ſehr leicht in das Rothgelbe hinuͤbergeht, ſo iſt die Steigerung dieſes letzten ins Gelbrothe nicht aufzuhalten. Das angenehme heitre Gefuͤhl, das uns das Rothgelbe noch gewaͤhrt, ſtei- gert ſich bis zum unertraͤglich Gewaltſamen im hohen Gelbrothen. 775. Die active Seite iſt hier in ihrer hoͤchſten Energie, und es iſt kein Wunder, daß energiſche, geſunde, rohe Menſchen ſich beſonders an dieſer Farbe erfreuen. Man hat die Neigung zu derſelben bey wilden Voͤlkern durchaus bemerkt. Und wenn Kinder, ſich ſelbſt uͤber- laſſen, zu illuminiren anfangen, ſo werden ſie Zin- nober und Mennig nicht ſchonen.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/347>, abgerufen am 20.04.2024.