Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite
776.

Man darf eine vollkommen gelbrothe Fläche starr
ansehen, so scheint sich die Farbe wirklich ins Organ
zu bohren. Sie bringt eine unglaubliche Erschütterung
hervor und behält diese Wirkung bey einem ziemlichen
Grade von Dunkelheit.

Die Erscheinung eines gelbrothen Tuches beunru-
higt und erzürnt die Thiere. Auch habe ich gebildete
Menschen gekannt, denen es unerträglich fiel, wenn
ihnen an einem sonst grauen Tage Jemand im Schar-
lachrock begegnete.


777.

Die Farben von der Minusseite sind Blau, Roth-
blau, und Blauroth. Sie stimmen zu einer unruhi-
gen, weichen und sehnenden Empfindung.


Blau.

778.

So wie Gelb immer ein Licht mit sich führt, so
kann man sagen, daß Blau immer etwas Dunkles
mit sich führe.

779.

Diese Farbe macht für das Auge eine sonderbare
und fast unaussprechliche Wirkung. Sie ist als Farbe

776.

Man darf eine vollkommen gelbrothe Flaͤche ſtarr
anſehen, ſo ſcheint ſich die Farbe wirklich ins Organ
zu bohren. Sie bringt eine unglaubliche Erſchuͤtterung
hervor und behaͤlt dieſe Wirkung bey einem ziemlichen
Grade von Dunkelheit.

Die Erſcheinung eines gelbrothen Tuches beunru-
higt und erzuͤrnt die Thiere. Auch habe ich gebildete
Menſchen gekannt, denen es unertraͤglich fiel, wenn
ihnen an einem ſonſt grauen Tage Jemand im Schar-
lachrock begegnete.


777.

Die Farben von der Minusſeite ſind Blau, Roth-
blau, und Blauroth. Sie ſtimmen zu einer unruhi-
gen, weichen und ſehnenden Empfindung.


Blau.

778.

So wie Gelb immer ein Licht mit ſich fuͤhrt, ſo
kann man ſagen, daß Blau immer etwas Dunkles
mit ſich fuͤhre.

779.

Dieſe Farbe macht fuͤr das Auge eine ſonderbare
und faſt unausſprechliche Wirkung. Sie iſt als Farbe

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0348" n="294"/>
            <div n="4">
              <head>776.</head><lb/>
              <p>Man darf eine vollkommen gelbrothe Fla&#x0364;che &#x017F;tarr<lb/>
an&#x017F;ehen, &#x017F;o &#x017F;cheint &#x017F;ich die Farbe wirklich ins Organ<lb/>
zu bohren. Sie bringt eine unglaubliche Er&#x017F;chu&#x0364;tterung<lb/>
hervor und beha&#x0364;lt die&#x017F;e Wirkung bey einem ziemlichen<lb/>
Grade von Dunkelheit.</p><lb/>
              <p>Die Er&#x017F;cheinung eines gelbrothen Tuches beunru-<lb/>
higt und erzu&#x0364;rnt die Thiere. Auch habe ich gebildete<lb/>
Men&#x017F;chen gekannt, denen es unertra&#x0364;glich fiel, wenn<lb/>
ihnen an einem &#x017F;on&#x017F;t grauen Tage Jemand im Schar-<lb/>
lachrock begegnete.</p>
            </div><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            <div n="4">
              <head>777.</head><lb/>
              <p>Die Farben von der Minus&#x017F;eite &#x017F;ind Blau, Roth-<lb/>
blau, und Blauroth. Sie &#x017F;timmen zu einer unruhi-<lb/>
gen, weichen und &#x017F;ehnenden Empfindung.</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Blau</hi>.</hi> </head><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            <div n="4">
              <head>778.</head><lb/>
              <p>So wie Gelb immer ein Licht mit &#x017F;ich fu&#x0364;hrt, &#x017F;o<lb/>
kann man &#x017F;agen, daß Blau immer etwas Dunkles<lb/>
mit &#x017F;ich fu&#x0364;hre.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>779.</head><lb/>
              <p>Die&#x017F;e Farbe macht fu&#x0364;r das Auge eine &#x017F;onderbare<lb/>
und fa&#x017F;t unaus&#x017F;prechliche Wirkung. Sie i&#x017F;t als Farbe<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[294/0348] 776. Man darf eine vollkommen gelbrothe Flaͤche ſtarr anſehen, ſo ſcheint ſich die Farbe wirklich ins Organ zu bohren. Sie bringt eine unglaubliche Erſchuͤtterung hervor und behaͤlt dieſe Wirkung bey einem ziemlichen Grade von Dunkelheit. Die Erſcheinung eines gelbrothen Tuches beunru- higt und erzuͤrnt die Thiere. Auch habe ich gebildete Menſchen gekannt, denen es unertraͤglich fiel, wenn ihnen an einem ſonſt grauen Tage Jemand im Schar- lachrock begegnete. 777. Die Farben von der Minusſeite ſind Blau, Roth- blau, und Blauroth. Sie ſtimmen zu einer unruhi- gen, weichen und ſehnenden Empfindung. Blau. 778. So wie Gelb immer ein Licht mit ſich fuͤhrt, ſo kann man ſagen, daß Blau immer etwas Dunkles mit ſich fuͤhre. 779. Dieſe Farbe macht fuͤr das Auge eine ſonderbare und faſt unausſprechliche Wirkung. Sie iſt als Farbe

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/348
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/348>, abgerufen am 29.03.2024.