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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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806.

Um nun diese Totalität gewahr zu werden, um
sich selbst zu befriedigen, sucht es neben jedem far-
bigen Raum einen farblosen, um die geforderte Farbe
an demselben hervorzubringen.

807.

Hier liegt also das Grundgesetz aller Harmonie
der Farben, wovon sich jeder durch eigene Erfahrung
überzeugen kann, indem er sich mit den Versuchen,
die wir in der Abtheilung der physiologischen Farben
angezeigt, genau bekannt macht.

808.

Wird nun die Farbentotalität von außen dem
Auge als Object gebracht, so ist sie ihm erfreulich,
weil ihm die Summe seiner eignen Thätigkeit als Rea-
lität entgegen kommt. Es sey also zuerst von diesen
harmonischen Zusammenstellungen die Rede.

809.

Um sich davon auf das leichteste zu unterrichten,
denke man sich in dem von uns angegebenen Farben-
kreise einen beweglichen Diameter und führe denselben
im ganzen Kreise herum; so werden die beyden En-
den nach und nach die sich fordernden Farben bezeich-
nen; welche sich denn freylich zuletzt auf drey einfache
Gegensätze zurückführen lassen.

806.

Um nun dieſe Totalitaͤt gewahr zu werden, um
ſich ſelbſt zu befriedigen, ſucht es neben jedem far-
bigen Raum einen farbloſen, um die geforderte Farbe
an demſelben hervorzubringen.

807.

Hier liegt alſo das Grundgeſetz aller Harmonie
der Farben, wovon ſich jeder durch eigene Erfahrung
uͤberzeugen kann, indem er ſich mit den Verſuchen,
die wir in der Abtheilung der phyſiologiſchen Farben
angezeigt, genau bekannt macht.

808.

Wird nun die Farbentotalitaͤt von außen dem
Auge als Object gebracht, ſo iſt ſie ihm erfreulich,
weil ihm die Summe ſeiner eignen Thaͤtigkeit als Rea-
litaͤt entgegen kommt. Es ſey alſo zuerſt von dieſen
harmoniſchen Zuſammenſtellungen die Rede.

809.

Um ſich davon auf das leichteſte zu unterrichten,
denke man ſich in dem von uns angegebenen Farben-
kreiſe einen beweglichen Diameter und fuͤhre denſelben
im ganzen Kreiſe herum; ſo werden die beyden En-
den nach und nach die ſich fordernden Farben bezeich-
nen; welche ſich denn freylich zuletzt auf drey einfache
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[302/0356] 806. Um nun dieſe Totalitaͤt gewahr zu werden, um ſich ſelbſt zu befriedigen, ſucht es neben jedem far- bigen Raum einen farbloſen, um die geforderte Farbe an demſelben hervorzubringen. 807. Hier liegt alſo das Grundgeſetz aller Harmonie der Farben, wovon ſich jeder durch eigene Erfahrung uͤberzeugen kann, indem er ſich mit den Verſuchen, die wir in der Abtheilung der phyſiologiſchen Farben angezeigt, genau bekannt macht. 808. Wird nun die Farbentotalitaͤt von außen dem Auge als Object gebracht, ſo iſt ſie ihm erfreulich, weil ihm die Summe ſeiner eignen Thaͤtigkeit als Rea- litaͤt entgegen kommt. Es ſey alſo zuerſt von dieſen harmoniſchen Zuſammenſtellungen die Rede. 809. Um ſich davon auf das leichteſte zu unterrichten, denke man ſich in dem von uns angegebenen Farben- kreiſe einen beweglichen Diameter und fuͤhre denſelben im ganzen Kreiſe herum; ſo werden die beyden En- den nach und nach die ſich fordernden Farben bezeich- nen; welche ſich denn freylich zuletzt auf drey einfache Gegenſaͤtze zuruͤckfuͤhren laſſen.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/356>, abgerufen am 16.04.2024.