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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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823.

Diese vier Zusammenstellungen haben also das Ge-
meinsame, daß sie, vermischt, die Zwischenfarben un-
seres Farbenkreises hervorbringen würden; wie sie auch
schon thun, wenn die Zusammenstellung aus kleinen
Theilen besteht und aus der Ferne betrachtet wird.
Eine Fläche mit schmalen blau und gelben Streifen
erscheint in einiger Entfernung grün.

824.

Wenn nun aber das Auge Blau und Gelb neben
einander sieht, so befindet es sich in der sonderbaren
Bemühung, immer Grün hervorbringen zu wollen,
ohne damit zu Stande zu kommen, und ohne also im
Einzelnen Ruhe, oder im Ganzen Gefühl der Totalität
bewirken zu können.

825.

Man sieht also, daß wir nicht mit Unrecht diese
Zusammenstellungen charakteristisch genannt haben, so
wie denn auch der Charakter einer jeden sich auf den
Charakter der einzelnen Farben, woraus sie zusammen-
gestellt ist, beziehen muß.


823.

Dieſe vier Zuſammenſtellungen haben alſo das Ge-
meinſame, daß ſie, vermiſcht, die Zwiſchenfarben un-
ſeres Farbenkreiſes hervorbringen wuͤrden; wie ſie auch
ſchon thun, wenn die Zuſammenſtellung aus kleinen
Theilen beſteht und aus der Ferne betrachtet wird.
Eine Flaͤche mit ſchmalen blau und gelben Streifen
erſcheint in einiger Entfernung gruͤn.

824.

Wenn nun aber das Auge Blau und Gelb neben
einander ſieht, ſo befindet es ſich in der ſonderbaren
Bemuͤhung, immer Gruͤn hervorbringen zu wollen,
ohne damit zu Stande zu kommen, und ohne alſo im
Einzelnen Ruhe, oder im Ganzen Gefuͤhl der Totalitaͤt
bewirken zu koͤnnen.

825.

Man ſieht alſo, daß wir nicht mit Unrecht dieſe
Zuſammenſtellungen charakteriſtiſch genannt haben, ſo
wie denn auch der Charakter einer jeden ſich auf den
Charakter der einzelnen Farben, woraus ſie zuſammen-
geſtellt iſt, beziehen muß.


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[308/0362] 823. Dieſe vier Zuſammenſtellungen haben alſo das Ge- meinſame, daß ſie, vermiſcht, die Zwiſchenfarben un- ſeres Farbenkreiſes hervorbringen wuͤrden; wie ſie auch ſchon thun, wenn die Zuſammenſtellung aus kleinen Theilen beſteht und aus der Ferne betrachtet wird. Eine Flaͤche mit ſchmalen blau und gelben Streifen erſcheint in einiger Entfernung gruͤn. 824. Wenn nun aber das Auge Blau und Gelb neben einander ſieht, ſo befindet es ſich in der ſonderbaren Bemuͤhung, immer Gruͤn hervorbringen zu wollen, ohne damit zu Stande zu kommen, und ohne alſo im Einzelnen Ruhe, oder im Ganzen Gefuͤhl der Totalitaͤt bewirken zu koͤnnen. 825. Man ſieht alſo, daß wir nicht mit Unrecht dieſe Zuſammenſtellungen charakteriſtiſch genannt haben, ſo wie denn auch der Charakter einer jeden ſich auf den Charakter der einzelnen Farben, woraus ſie zuſammen- geſtellt iſt, beziehen muß.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/362>, abgerufen am 28.03.2024.