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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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des Lichtes mit den Farben gewiß. Zu unsern Zeiten
ruht die Aquarellmalerey auf diesen Grundsätzen.

906.

Uebrigens wird in der Oelmalerey gegenwärtig
durchaus ein heller Grund gebraucht, weil Mitteltin-
ten mehr oder weniger durchsichtig sind, und also
durch einen hellen Grund einigermaßen belebt, so wie
die Schatten selbst nicht so leicht dunkel werden.

907.

Auf dunkle Gründe malte man auch eine Zeit-
lang. Wahrscheinlich hat sie Tintoret eingeführt; ob
Giorgione sich derselben bedient, ist nicht bekannt. Ti-
zians beste Bilder sind nicht auf dunkeln Grund ge-
malt.

908.

Ein solcher Grund war rothbraun, und wenn auf
denselben das Bild aufgezeichnet war, so wurden die
stärksten Schatten aufgetragen, die Lichtfarben im-
pastirte man auf den hohen Stellen sehr stark und ver-
trieb sie gegen den Schatten zu; da denn der dunkle
Grund durch die verdünnte Farbe als Mitteltinte durch-
sah. Der Effect wurde beym Ausmalen durch mehr-
maliges Uebergehen der lichten Partieen und Aufsetzen
der hohen Lichter erreicht.

909.

Wenn diese Art sich besonders wegen der Ge-
schwindigkeit bey der Arbeit empfielt, so hat sie doch

des Lichtes mit den Farben gewiß. Zu unſern Zeiten
ruht die Aquarellmalerey auf dieſen Grundſaͤtzen.

906.

Uebrigens wird in der Oelmalerey gegenwaͤrtig
durchaus ein heller Grund gebraucht, weil Mitteltin-
ten mehr oder weniger durchſichtig ſind, und alſo
durch einen hellen Grund einigermaßen belebt, ſo wie
die Schatten ſelbſt nicht ſo leicht dunkel werden.

907.

Auf dunkle Gruͤnde malte man auch eine Zeit-
lang. Wahrſcheinlich hat ſie Tintoret eingefuͤhrt; ob
Giorgione ſich derſelben bedient, iſt nicht bekannt. Ti-
zians beſte Bilder ſind nicht auf dunkeln Grund ge-
malt.

908.

Ein ſolcher Grund war rothbraun, und wenn auf
denſelben das Bild aufgezeichnet war, ſo wurden die
ſtaͤrkſten Schatten aufgetragen, die Lichtfarben im-
paſtirte man auf den hohen Stellen ſehr ſtark und ver-
trieb ſie gegen den Schatten zu; da denn der dunkle
Grund durch die verduͤnnte Farbe als Mitteltinte durch-
ſah. Der Effect wurde beym Ausmalen durch mehr-
maliges Uebergehen der lichten Partieen und Aufſetzen
der hohen Lichter erreicht.

909.

Wenn dieſe Art ſich beſonders wegen der Ge-
ſchwindigkeit bey der Arbeit empfielt, ſo hat ſie doch

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[333/0387] des Lichtes mit den Farben gewiß. Zu unſern Zeiten ruht die Aquarellmalerey auf dieſen Grundſaͤtzen. 906. Uebrigens wird in der Oelmalerey gegenwaͤrtig durchaus ein heller Grund gebraucht, weil Mitteltin- ten mehr oder weniger durchſichtig ſind, und alſo durch einen hellen Grund einigermaßen belebt, ſo wie die Schatten ſelbſt nicht ſo leicht dunkel werden. 907. Auf dunkle Gruͤnde malte man auch eine Zeit- lang. Wahrſcheinlich hat ſie Tintoret eingefuͤhrt; ob Giorgione ſich derſelben bedient, iſt nicht bekannt. Ti- zians beſte Bilder ſind nicht auf dunkeln Grund ge- malt. 908. Ein ſolcher Grund war rothbraun, und wenn auf denſelben das Bild aufgezeichnet war, ſo wurden die ſtaͤrkſten Schatten aufgetragen, die Lichtfarben im- paſtirte man auf den hohen Stellen ſehr ſtark und ver- trieb ſie gegen den Schatten zu; da denn der dunkle Grund durch die verduͤnnte Farbe als Mitteltinte durch- ſah. Der Effect wurde beym Ausmalen durch mehr- maliges Uebergehen der lichten Partieen und Aufſetzen der hohen Lichter erreicht. 909. Wenn dieſe Art ſich beſonders wegen der Ge- ſchwindigkeit bey der Arbeit empfielt, ſo hat ſie doch

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/387>, abgerufen am 25.04.2024.