Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

dern? Wir bringen daher auf die vier oben benannten
Vierecke helle und dunkle kleine Bilder, gleichfalls Vier-
ecke, oder Scheiben, oder Figuren wie die der Spiel-
charten an, und diese so ausgerüstete Pappe machen
wir zum Vorbilde. Nun können wir zuerst zu einer
sichern Prüfung desjenigen fortschreiten, was wir von
dem Abbilde zu erwarten haben.

71.

Ein jedes von Kerzen erleuchtetes Bild zeigt sich
weniger deutlich, als es beym Sonnenschein geschehen
würde, und ein solches von Kerzen erleuchtetes Bild
soll hier gar noch durch eine Linse gehen, soll ein Ab-
bild hergeben, das deutlich genug sey, um eine bedeu-
tende Theorie darauf zu gründen.

72.

Erleuchten wir nun jene unsere bemeldete Pappe so
stark als möglich, und suchen ih Abbild auch möglichst
genau durch die Linse auf die weiße Tafel zu bringen,
so sehen wir immer doch nur eine stumpfe Abbildung.
Das Schwarze erscheint als ein dunkles Grau, das
Weiße als ein helles Grau, das dunkle und helle Grau
der Pappe sind auch weniger zu unterscheiden als mit
bloßem Auge. Eben so verhält es sich mit den Bildern.
Diejenigen, welche sich, dem Hellen und Dunkeln nach,
am stärksten entgegensetzen, diese sind auch die deutlich-
sten. Schwarz auf Weiß, Weiß auf Schwarz läßt sich
gut unterscheiden; Weiß und Schwarz auf Grau er-

dern? Wir bringen daher auf die vier oben benannten
Vierecke helle und dunkle kleine Bilder, gleichfalls Vier-
ecke, oder Scheiben, oder Figuren wie die der Spiel-
charten an, und dieſe ſo ausgeruͤſtete Pappe machen
wir zum Vorbilde. Nun koͤnnen wir zuerſt zu einer
ſichern Pruͤfung desjenigen fortſchreiten, was wir von
dem Abbilde zu erwarten haben.

71.

Ein jedes von Kerzen erleuchtetes Bild zeigt ſich
weniger deutlich, als es beym Sonnenſchein geſchehen
wuͤrde, und ein ſolches von Kerzen erleuchtetes Bild
ſoll hier gar noch durch eine Linſe gehen, ſoll ein Ab-
bild hergeben, das deutlich genug ſey, um eine bedeu-
tende Theorie darauf zu gruͤnden.

72.

Erleuchten wir nun jene unſere bemeldete Pappe ſo
ſtark als moͤglich, und ſuchen ih Abbild auch moͤglichſt
genau durch die Linſe auf die weiße Tafel zu bringen,
ſo ſehen wir immer doch nur eine ſtumpfe Abbildung.
Das Schwarze erſcheint als ein dunkles Grau, das
Weiße als ein helles Grau, das dunkle und helle Grau
der Pappe ſind auch weniger zu unterſcheiden als mit
bloßem Auge. Eben ſo verhaͤlt es ſich mit den Bildern.
Diejenigen, welche ſich, dem Hellen und Dunkeln nach,
am ſtaͤrkſten entgegenſetzen, dieſe ſind auch die deutlich-
ſten. Schwarz auf Weiß, Weiß auf Schwarz laͤßt ſich
gut unterſcheiden; Weiß und Schwarz auf Grau er-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0448" n="394"/>
dern? Wir bringen daher auf die vier oben benannten<lb/>
Vierecke helle und dunkle kleine Bilder, gleichfalls Vier-<lb/>
ecke, oder Scheiben, oder Figuren wie die der Spiel-<lb/>
charten an, und die&#x017F;e &#x017F;o ausgeru&#x0364;&#x017F;tete Pappe machen<lb/>
wir zum Vorbilde. Nun ko&#x0364;nnen wir zuer&#x017F;t zu einer<lb/>
&#x017F;ichern Pru&#x0364;fung desjenigen fort&#x017F;chreiten, was wir von<lb/>
dem Abbilde zu erwarten haben.</p>
              </div><lb/>
              <div n="5">
                <head>71.</head><lb/>
                <p>Ein jedes von Kerzen erleuchtetes Bild zeigt &#x017F;ich<lb/>
weniger deutlich, als es beym Sonnen&#x017F;chein ge&#x017F;chehen<lb/>
wu&#x0364;rde, und ein &#x017F;olches von Kerzen erleuchtetes Bild<lb/>
&#x017F;oll hier gar noch durch eine Lin&#x017F;e gehen, &#x017F;oll ein Ab-<lb/>
bild hergeben, das deutlich genug &#x017F;ey, um eine bedeu-<lb/>
tende Theorie darauf zu gru&#x0364;nden.</p>
              </div><lb/>
              <div n="5">
                <head>72.</head><lb/>
                <p>Erleuchten wir nun jene un&#x017F;ere bemeldete Pappe &#x017F;o<lb/>
&#x017F;tark als mo&#x0364;glich, und &#x017F;uchen ih Abbild auch mo&#x0364;glich&#x017F;t<lb/>
genau durch die Lin&#x017F;e auf die weiße Tafel zu bringen,<lb/>
&#x017F;o &#x017F;ehen wir immer doch nur eine &#x017F;tumpfe Abbildung.<lb/>
Das Schwarze er&#x017F;cheint als ein dunkles Grau, das<lb/>
Weiße als ein helles Grau, das dunkle und helle Grau<lb/>
der Pappe &#x017F;ind auch weniger zu unter&#x017F;cheiden als mit<lb/>
bloßem Auge. Eben &#x017F;o verha&#x0364;lt es &#x017F;ich mit den Bildern.<lb/>
Diejenigen, welche &#x017F;ich, dem Hellen und Dunkeln nach,<lb/>
am &#x017F;ta&#x0364;rk&#x017F;ten entgegen&#x017F;etzen, die&#x017F;e &#x017F;ind auch die deutlich-<lb/>
&#x017F;ten. Schwarz auf Weiß, Weiß auf Schwarz la&#x0364;ßt &#x017F;ich<lb/>
gut unter&#x017F;cheiden; Weiß und Schwarz auf Grau er-<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[394/0448] dern? Wir bringen daher auf die vier oben benannten Vierecke helle und dunkle kleine Bilder, gleichfalls Vier- ecke, oder Scheiben, oder Figuren wie die der Spiel- charten an, und dieſe ſo ausgeruͤſtete Pappe machen wir zum Vorbilde. Nun koͤnnen wir zuerſt zu einer ſichern Pruͤfung desjenigen fortſchreiten, was wir von dem Abbilde zu erwarten haben. 71. Ein jedes von Kerzen erleuchtetes Bild zeigt ſich weniger deutlich, als es beym Sonnenſchein geſchehen wuͤrde, und ein ſolches von Kerzen erleuchtetes Bild ſoll hier gar noch durch eine Linſe gehen, ſoll ein Ab- bild hergeben, das deutlich genug ſey, um eine bedeu- tende Theorie darauf zu gruͤnden. 72. Erleuchten wir nun jene unſere bemeldete Pappe ſo ſtark als moͤglich, und ſuchen ih Abbild auch moͤglichſt genau durch die Linſe auf die weiße Tafel zu bringen, ſo ſehen wir immer doch nur eine ſtumpfe Abbildung. Das Schwarze erſcheint als ein dunkles Grau, das Weiße als ein helles Grau, das dunkle und helle Grau der Pappe ſind auch weniger zu unterſcheiden als mit bloßem Auge. Eben ſo verhaͤlt es ſich mit den Bildern. Diejenigen, welche ſich, dem Hellen und Dunkeln nach, am ſtaͤrkſten entgegenſetzen, dieſe ſind auch die deutlich- ſten. Schwarz auf Weiß, Weiß auf Schwarz laͤßt ſich gut unterſcheiden; Weiß und Schwarz auf Grau er-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/448
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/448>, abgerufen am 23.04.2024.