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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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schlagenen Wege ganz geruhig fort, und hat nun außer
seiner grünen Mitte des fertigen Gespenstes auch noch
eine weiße Mitte des erst werdenden noch unfarbigen
Gespenstes, er hat ein langes Gespenst, er hat ein run-
des, und operirt nun mit beyden wechselsweise, wie es
ihm beliebt, ohne daß die Welt, die hundert Jahre
seine Lehre nachbetet, den Taschenspielerstreich gewahr
wird, vielmehr diejenigen, die ihn aus Licht bringen
wollen, verfolgt und übel behandelt.

Denn sehr künstlich ist diese Bemerkung hier ange-
bracht, indem der Verfasser diese weiße Mitte, welche
hier auf einmal in den Vortrag hereinspringt, bey dem
nächsten Versuch höchst nöthig braucht, um sein Hocus
Pocus weiter fortzusetzen.


Sechster Versuch.

114.

Haben wir uns bisher lebhaft, ja mit Heftigkeit,
vorgesehen und verwahrt, wenn uns Newton zu solchen
Versuchen berief, die er vorsätzlich und mit Bewußtseyn
ausgesucht zu haben schien, um uns zu täuschen, und
zu einem übereilten Beyfall zu verführen; so haben wir
es gegenwärtig noch weit ernstlicher zu nehmen, indem
wir an jenen Versuch gelangen, durch welchen sich
Newton selbst zuerst von der Wahrheit seiner Erklä-

ſchlagenen Wege ganz geruhig fort, und hat nun außer
ſeiner gruͤnen Mitte des fertigen Geſpenſtes auch noch
eine weiße Mitte des erſt werdenden noch unfarbigen
Geſpenſtes, er hat ein langes Geſpenſt, er hat ein run-
des, und operirt nun mit beyden wechſelsweiſe, wie es
ihm beliebt, ohne daß die Welt, die hundert Jahre
ſeine Lehre nachbetet, den Taſchenſpielerſtreich gewahr
wird, vielmehr diejenigen, die ihn aus Licht bringen
wollen, verfolgt und uͤbel behandelt.

Denn ſehr kuͤnſtlich iſt dieſe Bemerkung hier ange-
bracht, indem der Verfaſſer dieſe weiße Mitte, welche
hier auf einmal in den Vortrag hereinſpringt, bey dem
naͤchſten Verſuch hoͤchſt noͤthig braucht, um ſein Hocus
Pocus weiter fortzuſetzen.


Sechster Verſuch.

114.

Haben wir uns bisher lebhaft, ja mit Heftigkeit,
vorgeſehen und verwahrt, wenn uns Newton zu ſolchen
Verſuchen berief, die er vorſaͤtzlich und mit Bewußtſeyn
ausgeſucht zu haben ſchien, um uns zu taͤuſchen, und
zu einem uͤbereilten Beyfall zu verfuͤhren; ſo haben wir
es gegenwaͤrtig noch weit ernſtlicher zu nehmen, indem
wir an jenen Verſuch gelangen, durch welchen ſich
Newton ſelbſt zuerſt von der Wahrheit ſeiner Erklaͤ-

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[422/0476] ſchlagenen Wege ganz geruhig fort, und hat nun außer ſeiner gruͤnen Mitte des fertigen Geſpenſtes auch noch eine weiße Mitte des erſt werdenden noch unfarbigen Geſpenſtes, er hat ein langes Geſpenſt, er hat ein run- des, und operirt nun mit beyden wechſelsweiſe, wie es ihm beliebt, ohne daß die Welt, die hundert Jahre ſeine Lehre nachbetet, den Taſchenſpielerſtreich gewahr wird, vielmehr diejenigen, die ihn aus Licht bringen wollen, verfolgt und uͤbel behandelt. Denn ſehr kuͤnſtlich iſt dieſe Bemerkung hier ange- bracht, indem der Verfaſſer dieſe weiße Mitte, welche hier auf einmal in den Vortrag hereinſpringt, bey dem naͤchſten Verſuch hoͤchſt noͤthig braucht, um ſein Hocus Pocus weiter fortzuſetzen. Sechster Verſuch. 114. Haben wir uns bisher lebhaft, ja mit Heftigkeit, vorgeſehen und verwahrt, wenn uns Newton zu ſolchen Verſuchen berief, die er vorſaͤtzlich und mit Bewußtſeyn ausgeſucht zu haben ſchien, um uns zu taͤuſchen, und zu einem uͤbereilten Beyfall zu verfuͤhren; ſo haben wir es gegenwaͤrtig noch weit ernſtlicher zu nehmen, indem wir an jenen Verſuch gelangen, durch welchen ſich Newton ſelbſt zuerſt von der Wahrheit ſeiner Erklaͤ-

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/476>, abgerufen am 24.04.2024.