eine Perpendicularlinie; alsdann läßt man im Mittel- puncte den Winkel der Incidenz von oben, und den Winkel der Refraction von unten zusammenstoßen, und kann nunmehr ihr wechselseitiges Maaß ausdrücken.
291.
Dieses ist gut und hinreichend, um die Lehre an- schaulich zu machen und das Verhältniß in Abstracto darzustellen; allein, um in der Erfahrung die beyden Winkel gegen einander wirklich zu messen, dazu gehört eine Vorrichtung, auf die bey dieser Linearfigur nicht hingedeutet ist.
292.
Die Sonne scheine in ein leeres Gefäß (E. 187.) sie werfe den Schatten genau bis an die gegenüber- stehende Wand und der Schatten bedecke den Boden ganz. Nun gieße man Wasser in das Gefäß, und der Schatten wird sich zurückziehen gegen die Seite wo das Licht herkommt. Hat man in dem ersten Falle die Richtung des einfallenden Lichtes, so findet man im zweyten die Richtung des gebrochnen. Woraus erfährt man denn aber das Maaß dieser beyden Richtungen, als aus dem Schatten und zwar aus des Schattens Gränze? Um also in der Erfahrung das Maaß der Refraction zu finden, bedarf es eines begränzten Mittels.
293.
Wir schreiten weiter. Man hatte das oben aus-
eine Perpendicularlinie; alsdann laͤßt man im Mittel- puncte den Winkel der Incidenz von oben, und den Winkel der Refraction von unten zuſammenſtoßen, und kann nunmehr ihr wechſelſeitiges Maaß ausdruͤcken.
291.
Dieſes iſt gut und hinreichend, um die Lehre an- ſchaulich zu machen und das Verhaͤltniß in Abſtracto darzuſtellen; allein, um in der Erfahrung die beyden Winkel gegen einander wirklich zu meſſen, dazu gehoͤrt eine Vorrichtung, auf die bey dieſer Linearfigur nicht hingedeutet iſt.
292.
Die Sonne ſcheine in ein leeres Gefaͤß (E. 187.) ſie werfe den Schatten genau bis an die gegenuͤber- ſtehende Wand und der Schatten bedecke den Boden ganz. Nun gieße man Waſſer in das Gefaͤß, und der Schatten wird ſich zuruͤckziehen gegen die Seite wo das Licht herkommt. Hat man in dem erſten Falle die Richtung des einfallenden Lichtes, ſo findet man im zweyten die Richtung des gebrochnen. Woraus erfaͤhrt man denn aber das Maaß dieſer beyden Richtungen, als aus dem Schatten und zwar aus des Schattens Graͤnze? Um alſo in der Erfahrung das Maaß der Refraction zu finden, bedarf es eines begraͤnzten Mittels.
293.
Wir ſchreiten weiter. Man hatte das oben aus-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0561"n="507"/>
eine Perpendicularlinie; alsdann laͤßt man im Mittel-<lb/>
puncte den Winkel der Incidenz von oben, und den<lb/>
Winkel der Refraction von unten zuſammenſtoßen, und<lb/>
kann nunmehr ihr wechſelſeitiges Maaß ausdruͤcken.</p></div><lb/><divn="4"><head>291.</head><lb/><p>Dieſes iſt gut und hinreichend, um die Lehre an-<lb/>ſchaulich zu machen und das Verhaͤltniß in Abſtracto<lb/>
darzuſtellen; allein, um in der Erfahrung die beyden<lb/>
Winkel gegen einander wirklich zu meſſen, dazu gehoͤrt<lb/>
eine Vorrichtung, auf die bey dieſer Linearfigur nicht<lb/>
hingedeutet iſt.</p></div><lb/><divn="4"><head>292.</head><lb/><p>Die Sonne ſcheine in ein leeres Gefaͤß (E. 187.)<lb/>ſie werfe den Schatten genau bis an die gegenuͤber-<lb/>ſtehende Wand und der Schatten bedecke den Boden<lb/>
ganz. Nun gieße man Waſſer in das Gefaͤß, und der<lb/>
Schatten wird ſich zuruͤckziehen gegen die Seite wo das<lb/>
Licht herkommt. Hat man in dem erſten Falle die<lb/>
Richtung des einfallenden Lichtes, ſo findet man im<lb/>
zweyten die Richtung des gebrochnen. Woraus erfaͤhrt<lb/>
man denn aber das Maaß dieſer beyden Richtungen, als<lb/>
aus dem Schatten und zwar aus des Schattens Graͤnze?<lb/>
Um alſo in der Erfahrung das Maaß der Refraction<lb/>
zu finden, bedarf es eines begraͤnzten Mittels.</p></div><lb/><divn="4"><head>293.</head><lb/><p>Wir ſchreiten weiter. Man hatte das oben aus-<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[507/0561]
eine Perpendicularlinie; alsdann laͤßt man im Mittel-
puncte den Winkel der Incidenz von oben, und den
Winkel der Refraction von unten zuſammenſtoßen, und
kann nunmehr ihr wechſelſeitiges Maaß ausdruͤcken.
291.
Dieſes iſt gut und hinreichend, um die Lehre an-
ſchaulich zu machen und das Verhaͤltniß in Abſtracto
darzuſtellen; allein, um in der Erfahrung die beyden
Winkel gegen einander wirklich zu meſſen, dazu gehoͤrt
eine Vorrichtung, auf die bey dieſer Linearfigur nicht
hingedeutet iſt.
292.
Die Sonne ſcheine in ein leeres Gefaͤß (E. 187.)
ſie werfe den Schatten genau bis an die gegenuͤber-
ſtehende Wand und der Schatten bedecke den Boden
ganz. Nun gieße man Waſſer in das Gefaͤß, und der
Schatten wird ſich zuruͤckziehen gegen die Seite wo das
Licht herkommt. Hat man in dem erſten Falle die
Richtung des einfallenden Lichtes, ſo findet man im
zweyten die Richtung des gebrochnen. Woraus erfaͤhrt
man denn aber das Maaß dieſer beyden Richtungen, als
aus dem Schatten und zwar aus des Schattens Graͤnze?
Um alſo in der Erfahrung das Maaß der Refraction
zu finden, bedarf es eines begraͤnzten Mittels.
293.
Wir ſchreiten weiter. Man hatte das oben aus-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 507. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/561>, abgerufen am 24.04.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.