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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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theils früher, theils später zur Convergenz brachten.
Man that daher den Vorschlag und machte Versuche,
elliptische und parabolische Gläser anzuwenden, welche
jedoch nicht vollkommen gelingen wollten.

305.

Während solcher Bemühungen ward man auf die
zweyte Abweichung, welche farbig war, aufmerksam.
Es zeigte sich, daß der Deutlichkeit der Bilder sich eine
Farbenerscheinung entgegensetzte, welche besonders die
Gränzen, worauf es doch hauptsächlich bey einem Bilde
ankommt, unsicher machte. Lange hielt man diese Erschei-
nung für zufällig; man schob sie auf eine unregelmä-
ßige Brechung, auf Unrichtigkeiten des Glases, auf
Umstände welche vorhanden und nicht vorhanden seyn
konnten, und war indeß unablässig bemüht, jene erste
von der Form sich herschreibende Abweichung auszuglei-
chen und aufzuheben.

306.

Newton wendete hingegen seine Aufmerksamkeit
auf die zweyte Art der Aberration. Er findet die
Farbenerscheinung constant und, da er von prismati-
schen Versuchen ausgeht, sehr mächtig; er setzt die
Lehre von diverser Refrangibilität bey sich fest. Wie
er sie begründet, haben wir gesehen; wie er dazu ver-
leitet worden, wird uns die Geschichte zeigen.

307.

Nach seinen Erfahrungen, nach der Art wie er sie

theils fruͤher, theils ſpaͤter zur Convergenz brachten.
Man that daher den Vorſchlag und machte Verſuche,
elliptiſche und paraboliſche Glaͤſer anzuwenden, welche
jedoch nicht vollkommen gelingen wollten.

305.

Waͤhrend ſolcher Bemuͤhungen ward man auf die
zweyte Abweichung, welche farbig war, aufmerkſam.
Es zeigte ſich, daß der Deutlichkeit der Bilder ſich eine
Farbenerſcheinung entgegenſetzte, welche beſonders die
Graͤnzen, worauf es doch hauptſaͤchlich bey einem Bilde
ankommt, unſicher machte. Lange hielt man dieſe Erſchei-
nung fuͤr zufaͤllig; man ſchob ſie auf eine unregelmaͤ-
ßige Brechung, auf Unrichtigkeiten des Glaſes, auf
Umſtaͤnde welche vorhanden und nicht vorhanden ſeyn
konnten, und war indeß unablaͤſſig bemuͤht, jene erſte
von der Form ſich herſchreibende Abweichung auszuglei-
chen und aufzuheben.

306.

Newton wendete hingegen ſeine Aufmerkſamkeit
auf die zweyte Art der Aberration. Er findet die
Farbenerſcheinung conſtant und, da er von prismati-
ſchen Verſuchen ausgeht, ſehr maͤchtig; er ſetzt die
Lehre von diverſer Refrangibilitaͤt bey ſich feſt. Wie
er ſie begruͤndet, haben wir geſehen; wie er dazu ver-
leitet worden, wird uns die Geſchichte zeigen.

307.

Nach ſeinen Erfahrungen, nach der Art wie er ſie

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[514/0568] theils fruͤher, theils ſpaͤter zur Convergenz brachten. Man that daher den Vorſchlag und machte Verſuche, elliptiſche und paraboliſche Glaͤſer anzuwenden, welche jedoch nicht vollkommen gelingen wollten. 305. Waͤhrend ſolcher Bemuͤhungen ward man auf die zweyte Abweichung, welche farbig war, aufmerkſam. Es zeigte ſich, daß der Deutlichkeit der Bilder ſich eine Farbenerſcheinung entgegenſetzte, welche beſonders die Graͤnzen, worauf es doch hauptſaͤchlich bey einem Bilde ankommt, unſicher machte. Lange hielt man dieſe Erſchei- nung fuͤr zufaͤllig; man ſchob ſie auf eine unregelmaͤ- ßige Brechung, auf Unrichtigkeiten des Glaſes, auf Umſtaͤnde welche vorhanden und nicht vorhanden ſeyn konnten, und war indeß unablaͤſſig bemuͤht, jene erſte von der Form ſich herſchreibende Abweichung auszuglei- chen und aufzuheben. 306. Newton wendete hingegen ſeine Aufmerkſamkeit auf die zweyte Art der Aberration. Er findet die Farbenerſcheinung conſtant und, da er von prismati- ſchen Verſuchen ausgeht, ſehr maͤchtig; er ſetzt die Lehre von diverſer Refrangibilitaͤt bey ſich feſt. Wie er ſie begruͤndet, haben wir geſehen; wie er dazu ver- leitet worden, wird uns die Geſchichte zeigen. 307. Nach ſeinen Erfahrungen, nach der Art wie er ſie

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 514. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/568>, abgerufen am 24.04.2024.