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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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ein Mann von solchen Talenten in diesem Fall gerade
dasjenige thun konnte was er läugnet. So ist denn
auch das was hierauf folgt keinesweges der Erfahrung
gemäß.

357.

Auf diese Weise kann jede der Farben so gut als die vio-
lette die letzte an der Gränze des Schattens, gegen p. zu, wer-
den, und eine jede kann so gut als das Rothe die letzte an der
Gränze des Schattens t seyn.

358.

Einem unaufmerksamen Zuschauer könnte man
wohl dergleichen vorspiegeln, weil durch das Hinderniß
r neue Farben entstehen, indem die alten verdrängt
werden; aber man kann geradezu sagen, wie Newton
die Sache ausdrückt, ist sie nicht wahr: bey den mitt-
lern Farben kann er wohl eine Confusion hervorbrin-
gen, doch nicht an der Gränze; weder in p noch in t
wird man jemals Grün sehen können. Man beherzige
genau die folgende Stelle, wo er wieder anfängt wie
Bileam das entgegengesetzte von dem zu sagen, was er
sagen will.

359.

Ja, einige Farben können auch den Schatten begränzen,
welcher durch das Hinderniß r innerhalb des Farbenbildes
hervorgebracht worden.

360.

Nun gesteht er also, daß er durch sein Hinderniß r

ein Mann von ſolchen Talenten in dieſem Fall gerade
dasjenige thun konnte was er laͤugnet. So iſt denn
auch das was hierauf folgt keinesweges der Erfahrung
gemaͤß.

357.

Auf dieſe Weiſe kann jede der Farben ſo gut als die vio-
lette die letzte an der Graͤnze des Schattens, gegen p. zu, wer-
den, und eine jede kann ſo gut als das Rothe die letzte an der
Graͤnze des Schattens t ſeyn.

358.

Einem unaufmerkſamen Zuſchauer koͤnnte man
wohl dergleichen vorſpiegeln, weil durch das Hinderniß
r neue Farben entſtehen, indem die alten verdraͤngt
werden; aber man kann geradezu ſagen, wie Newton
die Sache ausdruͤckt, iſt ſie nicht wahr: bey den mitt-
lern Farben kann er wohl eine Confuſion hervorbrin-
gen, doch nicht an der Graͤnze; weder in p noch in t
wird man jemals Gruͤn ſehen koͤnnen. Man beherzige
genau die folgende Stelle, wo er wieder anfaͤngt wie
Bileam das entgegengeſetzte von dem zu ſagen, was er
ſagen will.

359.

Ja, einige Farben koͤnnen auch den Schatten begraͤnzen,
welcher durch das Hinderniß r innerhalb des Farbenbildes
hervorgebracht worden.

360.

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[532/0586] ein Mann von ſolchen Talenten in dieſem Fall gerade dasjenige thun konnte was er laͤugnet. So iſt denn auch das was hierauf folgt keinesweges der Erfahrung gemaͤß. 357. Auf dieſe Weiſe kann jede der Farben ſo gut als die vio- lette die letzte an der Graͤnze des Schattens, gegen p. zu, wer- den, und eine jede kann ſo gut als das Rothe die letzte an der Graͤnze des Schattens t ſeyn. 358. Einem unaufmerkſamen Zuſchauer koͤnnte man wohl dergleichen vorſpiegeln, weil durch das Hinderniß r neue Farben entſtehen, indem die alten verdraͤngt werden; aber man kann geradezu ſagen, wie Newton die Sache ausdruͤckt, iſt ſie nicht wahr: bey den mitt- lern Farben kann er wohl eine Confuſion hervorbrin- gen, doch nicht an der Graͤnze; weder in p noch in t wird man jemals Gruͤn ſehen koͤnnen. Man beherzige genau die folgende Stelle, wo er wieder anfaͤngt wie Bileam das entgegengeſetzte von dem zu ſagen, was er ſagen will. 359. Ja, einige Farben koͤnnen auch den Schatten begraͤnzen, welcher durch das Hinderniß r innerhalb des Farbenbildes hervorgebracht worden. 360. Nun geſteht er alſo, daß er durch ſein Hinderniß r

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 532. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/586>, abgerufen am 16.04.2024.