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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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368.

Daß also wegen der Entfernung vom Fenster, we-
gen der Entfernung der Tafeln vom Prisma, die Lich-
ter sehr schwach sind mit denen man operire, gesteht er
Die Oeffnungen sollen kaum Ritzen seyn, so daß das Far-
benbild auch nicht einmal einige Breite habe, und man
soll denn doch genau beobachten können, welche Farbe
denn eigentlich die Gränze macht. Eigentlich aber ist es
nur drauf angelegt, das Ganze den Sinnen zu entziehen,
blasse Farben hervorzubringen, um innerhalb derselben
mit dem Stäbchen r desto besser operiren zu können.
Denn wer den Versuch, wie wir ihn nachher vortra-
gen werden, beym energischen Lichte macht, der wird
das Unwahre der Assertion auffallend genug finden.

369.

Ein Prisma von massivem Glas, das groß genug zu die-
sem Experiment wäre, zu finden, würde schwer seyn, weswe-
gen ein prismatisches Gefäß, von polirten Glasplatten zusam-
mengefügt und mit Salzwasser oder Oel gefüllt, nöthig ist.

370.

Wie wir Newton schon oben den Vorwurf ge-
macht, daß er die Beschreibung seines Apparats bey
jedem Experiment wiederholt, ohne daß man das Ver-
hältniß der Experimente die mit gleichem Apparat her-
vorgebracht werden, gewahr wird; so läßt sich auch
hier bemerken, daß Newton immer sein Wasserprisma
bringt, wenn er die weiße Mitte braucht und also ein
großes Bild durch Refraction verrücken muß.

368.

Daß alſo wegen der Entfernung vom Fenſter, we-
gen der Entfernung der Tafeln vom Prisma, die Lich-
ter ſehr ſchwach ſind mit denen man operire, geſteht er
Die Oeffnungen ſollen kaum Ritzen ſeyn, ſo daß das Far-
benbild auch nicht einmal einige Breite habe, und man
ſoll denn doch genau beobachten koͤnnen, welche Farbe
denn eigentlich die Graͤnze macht. Eigentlich aber iſt es
nur drauf angelegt, das Ganze den Sinnen zu entziehen,
blaſſe Farben hervorzubringen, um innerhalb derſelben
mit dem Staͤbchen r deſto beſſer operiren zu koͤnnen.
Denn wer den Verſuch, wie wir ihn nachher vortra-
gen werden, beym energiſchen Lichte macht, der wird
das Unwahre der Aſſertion auffallend genug finden.

369.

Ein Prisma von maſſivem Glas, das groß genug zu die-
ſem Experiment waͤre, zu finden, wuͤrde ſchwer ſeyn, weswe-
gen ein prismatiſches Gefaͤß, von polirten Glasplatten zuſam-
mengefuͤgt und mit Salzwaſſer oder Oel gefuͤllt, noͤthig iſt.

370.

Wie wir Newton ſchon oben den Vorwurf ge-
macht, daß er die Beſchreibung ſeines Apparats bey
jedem Experiment wiederholt, ohne daß man das Ver-
haͤltniß der Experimente die mit gleichem Apparat her-
vorgebracht werden, gewahr wird; ſo laͤßt ſich auch
hier bemerken, daß Newton immer ſein Waſſerprisma
bringt, wenn er die weiße Mitte braucht und alſo ein
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[535/0589] 368. Daß alſo wegen der Entfernung vom Fenſter, we- gen der Entfernung der Tafeln vom Prisma, die Lich- ter ſehr ſchwach ſind mit denen man operire, geſteht er Die Oeffnungen ſollen kaum Ritzen ſeyn, ſo daß das Far- benbild auch nicht einmal einige Breite habe, und man ſoll denn doch genau beobachten koͤnnen, welche Farbe denn eigentlich die Graͤnze macht. Eigentlich aber iſt es nur drauf angelegt, das Ganze den Sinnen zu entziehen, blaſſe Farben hervorzubringen, um innerhalb derſelben mit dem Staͤbchen r deſto beſſer operiren zu koͤnnen. Denn wer den Verſuch, wie wir ihn nachher vortra- gen werden, beym energiſchen Lichte macht, der wird das Unwahre der Aſſertion auffallend genug finden. 369. Ein Prisma von maſſivem Glas, das groß genug zu die- ſem Experiment waͤre, zu finden, wuͤrde ſchwer ſeyn, weswe- gen ein prismatiſches Gefaͤß, von polirten Glasplatten zuſam- mengefuͤgt und mit Salzwaſſer oder Oel gefuͤllt, noͤthig iſt. 370. Wie wir Newton ſchon oben den Vorwurf ge- macht, daß er die Beſchreibung ſeines Apparats bey jedem Experiment wiederholt, ohne daß man das Ver- haͤltniß der Experimente die mit gleichem Apparat her- vorgebracht werden, gewahr wird; ſo laͤßt ſich auch hier bemerken, daß Newton immer ſein Waſſerprisma bringt, wenn er die weiße Mitte braucht und alſo ein großes Bild durch Refraction verruͤcken muß.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 535. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/589>, abgerufen am 23.04.2024.