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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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flexion u. s. w. manifestirten. Diese Schwingungslehre,
diese Vergleichung der Farbe mit dem Ton, ward durch
Malebranche abermals begünstigt und man war also
auch in Frankreich geneigt dazu. Gegenwärtige Defi-
nition oder Declaration steht also hier, um jene theore-
tische Differenz aufzuheben und zu neutralisiren, das
Atomistische der Newtonischen Vorstellungsart mit der
dynamischen seiner Gegner zu amalgamiren, dergestalt
daß es wirklich aussehe, als sey zwischen beyden Lehren
kein Unterschied. Der Leser commentire sich die Stelle
selbst und bemerke das Zusammenkneten dynamischer
und atomistischer Ausdrücke.

458.

In dieser unserer Erläuterung liegt die Antwort
für diejenigen welche die Frage aufwerfen, wie sich
die Newtonische Farbenlehre noch habe allgemein erhalten
können, da späterhin Euler die Schwingungslehre wie-
der angeregt und in Gunst gebracht. Man ließ sich
nämlich gefallen, daß die verschiedenen Schwingungs-
möglichkeiten, die im Lichte sich heimlich befinden, durch
Refraction und andere äußere Bestimmungen zur Er-
scheinung gebracht würden; wodurch man denn auch
nicht weiter kam, wie Newton selbst bey Gelegenheit
seiner Controvers und in der oben angeführten Stelle
anmerkt und behauptet.

459.

Dieser Verhältnisse aber hier zu erwähnen, hat

I. 36

flexion u. ſ. w. manifeſtirten. Dieſe Schwingungslehre,
dieſe Vergleichung der Farbe mit dem Ton, ward durch
Malebranche abermals beguͤnſtigt und man war alſo
auch in Frankreich geneigt dazu. Gegenwaͤrtige Defi-
nition oder Declaration ſteht alſo hier, um jene theore-
tiſche Differenz aufzuheben und zu neutraliſiren, das
Atomiſtiſche der Newtoniſchen Vorſtellungsart mit der
dynamiſchen ſeiner Gegner zu amalgamiren, dergeſtalt
daß es wirklich ausſehe, als ſey zwiſchen beyden Lehren
kein Unterſchied. Der Leſer commentire ſich die Stelle
ſelbſt und bemerke das Zuſammenkneten dynamiſcher
und atomiſtiſcher Ausdruͤcke.

458.

In dieſer unſerer Erlaͤuterung liegt die Antwort
fuͤr diejenigen welche die Frage aufwerfen, wie ſich
die Newtoniſche Farbenlehre noch habe allgemein erhalten
koͤnnen, da ſpaͤterhin Euler die Schwingungslehre wie-
der angeregt und in Gunſt gebracht. Man ließ ſich
naͤmlich gefallen, daß die verſchiedenen Schwingungs-
moͤglichkeiten, die im Lichte ſich heimlich befinden, durch
Refraction und andere aͤußere Beſtimmungen zur Er-
ſcheinung gebracht wuͤrden; wodurch man denn auch
nicht weiter kam, wie Newton ſelbſt bey Gelegenheit
ſeiner Controvers und in der oben angefuͤhrten Stelle
anmerkt und behauptet.

459.

Dieſer Verhaͤltniſſe aber hier zu erwaͤhnen, hat

I. 36
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[561/0615] flexion u. ſ. w. manifeſtirten. Dieſe Schwingungslehre, dieſe Vergleichung der Farbe mit dem Ton, ward durch Malebranche abermals beguͤnſtigt und man war alſo auch in Frankreich geneigt dazu. Gegenwaͤrtige Defi- nition oder Declaration ſteht alſo hier, um jene theore- tiſche Differenz aufzuheben und zu neutraliſiren, das Atomiſtiſche der Newtoniſchen Vorſtellungsart mit der dynamiſchen ſeiner Gegner zu amalgamiren, dergeſtalt daß es wirklich ausſehe, als ſey zwiſchen beyden Lehren kein Unterſchied. Der Leſer commentire ſich die Stelle ſelbſt und bemerke das Zuſammenkneten dynamiſcher und atomiſtiſcher Ausdruͤcke. 458. In dieſer unſerer Erlaͤuterung liegt die Antwort fuͤr diejenigen welche die Frage aufwerfen, wie ſich die Newtoniſche Farbenlehre noch habe allgemein erhalten koͤnnen, da ſpaͤterhin Euler die Schwingungslehre wie- der angeregt und in Gunſt gebracht. Man ließ ſich naͤmlich gefallen, daß die verſchiedenen Schwingungs- moͤglichkeiten, die im Lichte ſich heimlich befinden, durch Refraction und andere aͤußere Beſtimmungen zur Er- ſcheinung gebracht wuͤrden; wodurch man denn auch nicht weiter kam, wie Newton ſelbſt bey Gelegenheit ſeiner Controvers und in der oben angefuͤhrten Stelle anmerkt und behauptet. 459. Dieſer Verhaͤltniſſe aber hier zu erwaͤhnen, hat I. 36

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 561. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/615>, abgerufen am 18.04.2024.