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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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vom Prisma nach und nach entfernen, so werden die verschie-
denen Farbenreihen sich verbreitern und eine über die andre
mehr hinausrücken, und indem sie ihre Farben mit einander
vermischen, einander verdünnen; und dieses wird zuletzt so
sehr geschehen, daß sie weiß werden.

533.

Was vorgeht, wenn schmale schwarze und weiße
Streifen auf einer Tafel wechseln, kann man sich am
besten durch einen subjectiven Versuch bekannt machen.
Die Ränder entstehen nämlich gesetzmäßig an den Grän-
zen sowohl des Schwarzen als des Weißen, die Säu-
me verbreiten sich sowohl über das Weiße als das
Schwarze, und so erreicht der gelbe Saum geschwind
den blauen Rand und macht Grün, der violette Rand
den gelbrothen und macht Purpur, so daß wir sowohl
das System des verrückten weißen, als des verrückten
schwarzen Bildes zugleich gewahr werden. Entfernt
man sich weiter von der Pappe, so greifen Ränder
und Säume dergestalt in einander, vereinigen sich in-
nigst, so daß man nur noch grüne und purpurne Strei-
fen übereinander sieht.

534.

Dieselbe Erscheinung kann man durch einen Kamm,
mit dem man vor einem großen Prisma operirt, objec-
tiv hervorbringen und die abwechselnden purpurnen
und grünen Streifen auf der weißen Tafel recht gut
gewahr werden.

vom Prisma nach und nach entfernen, ſo werden die verſchie-
denen Farbenreihen ſich verbreitern und eine uͤber die andre
mehr hinausruͤcken, und indem ſie ihre Farben mit einander
vermiſchen, einander verduͤnnen; und dieſes wird zuletzt ſo
ſehr geſchehen, daß ſie weiß werden.

533.

Was vorgeht, wenn ſchmale ſchwarze und weiße
Streifen auf einer Tafel wechſeln, kann man ſich am
beſten durch einen ſubjectiven Verſuch bekannt machen.
Die Raͤnder entſtehen naͤmlich geſetzmaͤßig an den Graͤn-
zen ſowohl des Schwarzen als des Weißen, die Saͤu-
me verbreiten ſich ſowohl uͤber das Weiße als das
Schwarze, und ſo erreicht der gelbe Saum geſchwind
den blauen Rand und macht Gruͤn, der violette Rand
den gelbrothen und macht Purpur, ſo daß wir ſowohl
das Syſtem des verruͤckten weißen, als des verruͤckten
ſchwarzen Bildes zugleich gewahr werden. Entfernt
man ſich weiter von der Pappe, ſo greifen Raͤnder
und Saͤume dergeſtalt in einander, vereinigen ſich in-
nigſt, ſo daß man nur noch gruͤne und purpurne Strei-
fen uͤbereinander ſieht.

534.

Dieſelbe Erſcheinung kann man durch einen Kamm,
mit dem man vor einem großen Prisma operirt, objec-
tiv hervorbringen und die abwechſelnden purpurnen
und gruͤnen Streifen auf der weißen Tafel recht gut
gewahr werden.

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[589/0643] vom Prisma nach und nach entfernen, ſo werden die verſchie- denen Farbenreihen ſich verbreitern und eine uͤber die andre mehr hinausruͤcken, und indem ſie ihre Farben mit einander vermiſchen, einander verduͤnnen; und dieſes wird zuletzt ſo ſehr geſchehen, daß ſie weiß werden. 533. Was vorgeht, wenn ſchmale ſchwarze und weiße Streifen auf einer Tafel wechſeln, kann man ſich am beſten durch einen ſubjectiven Verſuch bekannt machen. Die Raͤnder entſtehen naͤmlich geſetzmaͤßig an den Graͤn- zen ſowohl des Schwarzen als des Weißen, die Saͤu- me verbreiten ſich ſowohl uͤber das Weiße als das Schwarze, und ſo erreicht der gelbe Saum geſchwind den blauen Rand und macht Gruͤn, der violette Rand den gelbrothen und macht Purpur, ſo daß wir ſowohl das Syſtem des verruͤckten weißen, als des verruͤckten ſchwarzen Bildes zugleich gewahr werden. Entfernt man ſich weiter von der Pappe, ſo greifen Raͤnder und Saͤume dergeſtalt in einander, vereinigen ſich in- nigſt, ſo daß man nur noch gruͤne und purpurne Strei- fen uͤbereinander ſieht. 534. Dieſelbe Erſcheinung kann man durch einen Kamm, mit dem man vor einem großen Prisma operirt, objec- tiv hervorbringen und die abwechſelnden purpurnen und gruͤnen Streifen auf der weißen Tafel recht gut gewahr werden.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 589. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/643>, abgerufen am 28.03.2024.