Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite
549.

Freylich wohl, aber warum? Weil innerhalb des
weißen Raums, der sich im refrangirten Bilde des
großen Prisma's zeigte, frische Gränzen hervorgebracht
werden, und zwar durch den Kamm oder Rechen wie-
derholte Gränzen, da denn das gesetzliche Farbenspiel
sein Wesen treibt.

550.

Wenn ich nun also, anstatt dieser Zwischenräume, ver-
schiedene Prismen gebrauchen und, indem ich ihre Farben ver-
mischte, das Weiße hervorbringen wollte; so bediente ich mich
dreyer Prismen, auch wohl nur zweyer.

551.

Ohne uns weitläuftig dabey aufzuhalten, bemer-
ken wir nur mit Wenigem, daß der Versuch mit meh-
reren Prismen und der Versuch mit dem Kamm kei-
neswegs einerley sind. Newton bedient sich, wie
seine Figur und deren Erklärung ausweist, nur zweyer
Prismen, und wir wollen sehen was durch dieselben,
oder vielmehr zwischen denselben hervorgebracht wird.

552.

Es mögen zwey Prismen ABC und abc, deren brechende
Winkel B und b gleich sind, so parallel gegen einander ge-
stellt seyn, daß der brechende Winkel B des einen, den Win-
kel c an der Base des andern berühre, und ihre beyden
Seiten CB und cb, wo die Strahlen heraustreten, mögen
gleiche Richtung haben; dann mag das Licht, das durch sie

549.

Freylich wohl, aber warum? Weil innerhalb des
weißen Raums, der ſich im refrangirten Bilde des
großen Prisma’s zeigte, friſche Graͤnzen hervorgebracht
werden, und zwar durch den Kamm oder Rechen wie-
derholte Graͤnzen, da denn das geſetzliche Farbenſpiel
ſein Weſen treibt.

550.

Wenn ich nun alſo, anſtatt dieſer Zwiſchenraͤume, ver-
ſchiedene Prismen gebrauchen und, indem ich ihre Farben ver-
miſchte, das Weiße hervorbringen wollte; ſo bediente ich mich
dreyer Prismen, auch wohl nur zweyer.

551.

Ohne uns weitlaͤuftig dabey aufzuhalten, bemer-
ken wir nur mit Wenigem, daß der Verſuch mit meh-
reren Prismen und der Verſuch mit dem Kamm kei-
neswegs einerley ſind. Newton bedient ſich, wie
ſeine Figur und deren Erklaͤrung ausweiſt, nur zweyer
Prismen, und wir wollen ſehen was durch dieſelben,
oder vielmehr zwiſchen denſelben hervorgebracht wird.

552.

Es moͤgen zwey Prismen ABC und abc, deren brechende
Winkel B und b gleich ſind, ſo parallel gegen einander ge-
ſtellt ſeyn, daß der brechende Winkel B des einen, den Win-
kel c an der Baſe des andern beruͤhre, und ihre beyden
Seiten CB und cb, wo die Strahlen heraustreten, moͤgen
gleiche Richtung haben; dann mag das Licht, das durch ſie

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0651" n="597"/>
              <div n="5">
                <head>549.</head><lb/>
                <p>Freylich wohl, aber warum? Weil innerhalb des<lb/>
weißen Raums, der &#x017F;ich im refrangirten Bilde des<lb/>
großen Prisma&#x2019;s zeigte, fri&#x017F;che Gra&#x0364;nzen hervorgebracht<lb/>
werden, und zwar durch den Kamm oder Rechen wie-<lb/>
derholte Gra&#x0364;nzen, da denn das ge&#x017F;etzliche Farben&#x017F;piel<lb/>
&#x017F;ein We&#x017F;en treibt.</p>
              </div><lb/>
              <div n="5">
                <head>550.</head><lb/>
                <p>Wenn ich nun al&#x017F;o, an&#x017F;tatt die&#x017F;er Zwi&#x017F;chenra&#x0364;ume, ver-<lb/>
&#x017F;chiedene Prismen gebrauchen und, indem ich ihre Farben ver-<lb/>
mi&#x017F;chte, das Weiße hervorbringen wollte; &#x017F;o bediente ich mich<lb/>
dreyer Prismen, auch wohl nur zweyer.</p>
              </div><lb/>
              <div n="5">
                <head>551.</head><lb/>
                <p>Ohne uns weitla&#x0364;uftig dabey aufzuhalten, bemer-<lb/>
ken wir nur mit Wenigem, daß der Ver&#x017F;uch mit meh-<lb/>
reren Prismen und der Ver&#x017F;uch mit dem Kamm kei-<lb/>
neswegs einerley &#x017F;ind. Newton bedient &#x017F;ich, wie<lb/>
&#x017F;eine Figur und deren Erkla&#x0364;rung auswei&#x017F;t, nur zweyer<lb/>
Prismen, und wir wollen &#x017F;ehen was durch die&#x017F;elben,<lb/>
oder vielmehr zwi&#x017F;chen den&#x017F;elben hervorgebracht wird.</p>
              </div><lb/>
              <div n="5">
                <head>552.</head><lb/>
                <p>Es mo&#x0364;gen zwey Prismen <hi rendition="#aq">ABC</hi> und <hi rendition="#aq">abc,</hi> deren brechende<lb/>
Winkel <hi rendition="#aq">B</hi> und <hi rendition="#aq">b</hi> gleich &#x017F;ind, &#x017F;o parallel gegen einander ge-<lb/>
&#x017F;tellt &#x017F;eyn, daß der brechende Winkel <hi rendition="#aq">B</hi> des einen, den Win-<lb/>
kel <hi rendition="#aq">c</hi> an der Ba&#x017F;e des andern beru&#x0364;hre, und ihre beyden<lb/>
Seiten <hi rendition="#aq">CB</hi> und <hi rendition="#aq">cb,</hi> wo die Strahlen heraustreten, mo&#x0364;gen<lb/>
gleiche Richtung haben; dann mag das Licht, das durch &#x017F;ie<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[597/0651] 549. Freylich wohl, aber warum? Weil innerhalb des weißen Raums, der ſich im refrangirten Bilde des großen Prisma’s zeigte, friſche Graͤnzen hervorgebracht werden, und zwar durch den Kamm oder Rechen wie- derholte Graͤnzen, da denn das geſetzliche Farbenſpiel ſein Weſen treibt. 550. Wenn ich nun alſo, anſtatt dieſer Zwiſchenraͤume, ver- ſchiedene Prismen gebrauchen und, indem ich ihre Farben ver- miſchte, das Weiße hervorbringen wollte; ſo bediente ich mich dreyer Prismen, auch wohl nur zweyer. 551. Ohne uns weitlaͤuftig dabey aufzuhalten, bemer- ken wir nur mit Wenigem, daß der Verſuch mit meh- reren Prismen und der Verſuch mit dem Kamm kei- neswegs einerley ſind. Newton bedient ſich, wie ſeine Figur und deren Erklaͤrung ausweiſt, nur zweyer Prismen, und wir wollen ſehen was durch dieſelben, oder vielmehr zwiſchen denſelben hervorgebracht wird. 552. Es moͤgen zwey Prismen ABC und abc, deren brechende Winkel B und b gleich ſind, ſo parallel gegen einander ge- ſtellt ſeyn, daß der brechende Winkel B des einen, den Win- kel c an der Baſe des andern beruͤhre, und ihre beyden Seiten CB und cb, wo die Strahlen heraustreten, moͤgen gleiche Richtung haben; dann mag das Licht, das durch ſie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/651
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 597. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/651>, abgerufen am 24.04.2024.