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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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wöhnliche und ungequälte prismatische Bild bey diesem
Versuche anwendet. Und nichts ist natürlicher als wenn
man Gleiches zu Gleichem bringt, daß die Wirkung
nicht vermindert werde, sondern vielmehr verstärkt,
wenn das eine Homogene dem Grade nach wirksamer
ist, als das andre. Man gieße concentrirten Essig zu
gemeinem Essig und diese so verbundene Flüssigkeit
wird stärker seyn, als die gemeine. Ganz anders ist
es, wenn man das Heterogene dazu mischt, wenn man
Alcali in den gemeinen Essig wirft. Die Wirkung
beyder geht verloren bis zur Neutralisation. Aber
von diesem Gleichnamigen und Ungleichnamigen will
und kann Newton nichts wissen. Er quält sich auf
seinen Graden und Stufen herum, und muß doch zu-
letzt eine entgegengesetzte Wirkung gestehen.

618.

Zinnober glänzt am meisten im homogenen rothen Licht,
weniger im grünen, und noch weniger im blauen.

619.

Wie schlecht ist hier das Phänomen ausgedrückt,
indem er bloß auf den Zinnober und sein Glänzen
Rücksicht nimmt, und die Mischung verschweigt, wel-
che die auffallende prismatische Farbe mit der unter-
liegenden körperlichen hervorbringt.

620.

Indig im veilchenblauen Licht glänzt am meisten.

woͤhnliche und ungequaͤlte prismatiſche Bild bey dieſem
Verſuche anwendet. Und nichts iſt natuͤrlicher als wenn
man Gleiches zu Gleichem bringt, daß die Wirkung
nicht vermindert werde, ſondern vielmehr verſtaͤrkt,
wenn das eine Homogene dem Grade nach wirkſamer
iſt, als das andre. Man gieße concentrirten Eſſig zu
gemeinem Eſſig und dieſe ſo verbundene Fluͤſſigkeit
wird ſtaͤrker ſeyn, als die gemeine. Ganz anders iſt
es, wenn man das Heterogene dazu miſcht, wenn man
Alcali in den gemeinen Eſſig wirft. Die Wirkung
beyder geht verloren bis zur Neutraliſation. Aber
von dieſem Gleichnamigen und Ungleichnamigen will
und kann Newton nichts wiſſen. Er quaͤlt ſich auf
ſeinen Graden und Stufen herum, und muß doch zu-
letzt eine entgegengeſetzte Wirkung geſtehen.

618.

Zinnober glaͤnzt am meiſten im homogenen rothen Licht,
weniger im gruͤnen, und noch weniger im blauen.

619.

Wie ſchlecht iſt hier das Phaͤnomen ausgedruͤckt,
indem er bloß auf den Zinnober und ſein Glaͤnzen
Ruͤckſicht nimmt, und die Miſchung verſchweigt, wel-
che die auffallende prismatiſche Farbe mit der unter-
liegenden koͤrperlichen hervorbringt.

620.

Indig im veilchenblauen Licht glaͤnzt am meiſten.

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[626/0680] woͤhnliche und ungequaͤlte prismatiſche Bild bey dieſem Verſuche anwendet. Und nichts iſt natuͤrlicher als wenn man Gleiches zu Gleichem bringt, daß die Wirkung nicht vermindert werde, ſondern vielmehr verſtaͤrkt, wenn das eine Homogene dem Grade nach wirkſamer iſt, als das andre. Man gieße concentrirten Eſſig zu gemeinem Eſſig und dieſe ſo verbundene Fluͤſſigkeit wird ſtaͤrker ſeyn, als die gemeine. Ganz anders iſt es, wenn man das Heterogene dazu miſcht, wenn man Alcali in den gemeinen Eſſig wirft. Die Wirkung beyder geht verloren bis zur Neutraliſation. Aber von dieſem Gleichnamigen und Ungleichnamigen will und kann Newton nichts wiſſen. Er quaͤlt ſich auf ſeinen Graden und Stufen herum, und muß doch zu- letzt eine entgegengeſetzte Wirkung geſtehen. 618. Zinnober glaͤnzt am meiſten im homogenen rothen Licht, weniger im gruͤnen, und noch weniger im blauen. 619. Wie ſchlecht iſt hier das Phaͤnomen ausgedruͤckt, indem er bloß auf den Zinnober und ſein Glaͤnzen Ruͤckſicht nimmt, und die Miſchung verſchweigt, wel- che die auffallende prismatiſche Farbe mit der unter- liegenden koͤrperlichen hervorbringt. 620. Indig im veilchenblauen Licht glaͤnzt am meiſten.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 626. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/680>, abgerufen am 18.04.2024.