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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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fenweise? Er werfe doch das ganz gewöhnliche pris-
matische Roth auf die Mennige, so wird sie eben so
schön und glänzend roth erscheinen, als wenn er das
gequälteste Spectrum dazu anwendete. Er werfe das
Grün des gequältesten Spectrums auf die Mennige
und die Erscheinung wird seyn, wie er sie beschreibt,
oder vielmehr wie wir sie oben, da von der Sache
die Rede war, beschrieben haben. Warum macht er
denn erst die möglichen Versuche verdächtig, warum
schiebt er alles ins Ueberfeine, und warum kehrt er
dann zuletzt immer wieder zu den ersten Versuchen zu-
rück? Nur um die Menschen zu verwirren und sich
und seiner Heerde eine Hinterthür offen zu lassen.

Mit Widerwillen übersetzen wir die fratzenhafte
Erklärungsart, wodurch er, nach seiner Weise, die
Zerstörung der grünen prismatischen auf die Mennige
geworfenen Farbe auslegen will.

655.

Denn wie Mennige roth erscheint, wenn sie vom weißen
Licht erleuchtet wird, in welchem alle Arten Strahlen gleich
gemischt sind; so muß bey Erleuchtung derselben mit dem
grünen Licht in welchem alle Arten von Strahlen ungleich ge-
mischt sind, etwas anders vorgehen.

656.

Man bemerke, daß hier im Grünen alle Arten
von Strahlen enthalten seyn sollen, welches jedoch nicht
zu seiner früheren Darstellung der Heterogenität der

fenweiſe? Er werfe doch das ganz gewoͤhnliche pris-
matiſche Roth auf die Mennige, ſo wird ſie eben ſo
ſchoͤn und glaͤnzend roth erſcheinen, als wenn er das
gequaͤlteſte Spectrum dazu anwendete. Er werfe das
Gruͤn des gequaͤlteſten Spectrums auf die Mennige
und die Erſcheinung wird ſeyn, wie er ſie beſchreibt,
oder vielmehr wie wir ſie oben, da von der Sache
die Rede war, beſchrieben haben. Warum macht er
denn erſt die moͤglichen Verſuche verdaͤchtig, warum
ſchiebt er alles ins Ueberfeine, und warum kehrt er
dann zuletzt immer wieder zu den erſten Verſuchen zu-
ruͤck? Nur um die Menſchen zu verwirren und ſich
und ſeiner Heerde eine Hinterthuͤr offen zu laſſen.

Mit Widerwillen uͤberſetzen wir die fratzenhafte
Erklaͤrungsart, wodurch er, nach ſeiner Weiſe, die
Zerſtoͤrung der gruͤnen prismatiſchen auf die Mennige
geworfenen Farbe auslegen will.

655.

Denn wie Mennige roth erſcheint, wenn ſie vom weißen
Licht erleuchtet wird, in welchem alle Arten Strahlen gleich
gemiſcht ſind; ſo muß bey Erleuchtung derſelben mit dem
gruͤnen Licht in welchem alle Arten von Strahlen ungleich ge-
miſcht ſind, etwas anders vorgehen.

656.

Man bemerke, daß hier im Gruͤnen alle Arten
von Strahlen enthalten ſeyn ſollen, welches jedoch nicht
zu ſeiner fruͤheren Darſtellung der Heterogenitaͤt der

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[635/0689] fenweiſe? Er werfe doch das ganz gewoͤhnliche pris- matiſche Roth auf die Mennige, ſo wird ſie eben ſo ſchoͤn und glaͤnzend roth erſcheinen, als wenn er das gequaͤlteſte Spectrum dazu anwendete. Er werfe das Gruͤn des gequaͤlteſten Spectrums auf die Mennige und die Erſcheinung wird ſeyn, wie er ſie beſchreibt, oder vielmehr wie wir ſie oben, da von der Sache die Rede war, beſchrieben haben. Warum macht er denn erſt die moͤglichen Verſuche verdaͤchtig, warum ſchiebt er alles ins Ueberfeine, und warum kehrt er dann zuletzt immer wieder zu den erſten Verſuchen zu- ruͤck? Nur um die Menſchen zu verwirren und ſich und ſeiner Heerde eine Hinterthuͤr offen zu laſſen. Mit Widerwillen uͤberſetzen wir die fratzenhafte Erklaͤrungsart, wodurch er, nach ſeiner Weiſe, die Zerſtoͤrung der gruͤnen prismatiſchen auf die Mennige geworfenen Farbe auslegen will. 655. Denn wie Mennige roth erſcheint, wenn ſie vom weißen Licht erleuchtet wird, in welchem alle Arten Strahlen gleich gemiſcht ſind; ſo muß bey Erleuchtung derſelben mit dem gruͤnen Licht in welchem alle Arten von Strahlen ungleich ge- miſcht ſind, etwas anders vorgehen. 656. Man bemerke, daß hier im Gruͤnen alle Arten von Strahlen enthalten ſeyn ſollen, welches jedoch nicht zu ſeiner fruͤheren Darſtellung der Heterogenitaͤt der

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 635. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/689>, abgerufen am 25.04.2024.