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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

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Mensch gern zusammenbringen und zusammenhalten. Da-
her kommt es, daß gewisse einzelne Naturerscheinungen
schwer vom Uebrigen abzulösen sind und nicht leicht
durch Vorsatz didactisch abgelöst werden.

Mit der Farbenlehre war dieses besonders der Fall.
Die Farbe ist eine Zugabe zu allen Erscheinungen, und
obgleich immer eine wesentliche, doch oft scheinbar eine
zufällige. Deshalb konnte es kaum jemand beygehen,
sie an und für sich zu betrachten, und besonders zu
behandeln. Auch geschieht dieses von uns beynahe zum
erstenmal, indem alle früheren Bearbeitungen nur gelegent-
lich geschahen und von der Seite des Brauchbaren oder
Widerwärtigen, des einzelnen oder eminenten Vor-
kommens, oder sonst, eingeleitet worden.

Diese beyden Umstände werden wir also nicht aus
dem Auge verlieren und bey den verschiednen Epochen
anzeigen, womit die Naturforscher besonders beschäf-
tigt gewesen, wie auch bey welchem eigenen Anlaß die
Farbe wieder zur Sprache kommt.


Bernhardinus Telesius.

geb. 1508. gest. 1588.

Durch die Buchdruckerey wurden mehrere Schrif-
ten der Alten verbreitet. Aristoteles und Plato fessel-
ten nicht allein die Aufmerksamkeit; auch andere Mey-
nungen und theoretische Gesinnungen wurden bekannt,

Menſch gern zuſammenbringen und zuſammenhalten. Da-
her kommt es, daß gewiſſe einzelne Naturerſcheinungen
ſchwer vom Uebrigen abzuloͤſen ſind und nicht leicht
durch Vorſatz didactiſch abgeloͤſt werden.

Mit der Farbenlehre war dieſes beſonders der Fall.
Die Farbe iſt eine Zugabe zu allen Erſcheinungen, und
obgleich immer eine weſentliche, doch oft ſcheinbar eine
zufaͤllige. Deshalb konnte es kaum jemand beygehen,
ſie an und fuͤr ſich zu betrachten, und beſonders zu
behandeln. Auch geſchieht dieſes von uns beynahe zum
erſtenmal, indem alle fruͤheren Bearbeitungen nur gelegent-
lich geſchahen und von der Seite des Brauchbaren oder
Widerwaͤrtigen, des einzelnen oder eminenten Vor-
kommens, oder ſonſt, eingeleitet worden.

Dieſe beyden Umſtaͤnde werden wir alſo nicht aus
dem Auge verlieren und bey den verſchiednen Epochen
anzeigen, womit die Naturforſcher beſonders beſchaͤf-
tigt geweſen, wie auch bey welchem eigenen Anlaß die
Farbe wieder zur Sprache kommt.


Bernhardinus Teleſius.

geb. 1508. geſt. 1588.

Durch die Buchdruckerey wurden mehrere Schrif-
ten der Alten verbreitet. Ariſtoteles und Plato feſſel-
ten nicht allein die Aufmerkſamkeit; auch andere Mey-
nungen und theoretiſche Geſinnungen wurden bekannt,

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[215/0249] Menſch gern zuſammenbringen und zuſammenhalten. Da- her kommt es, daß gewiſſe einzelne Naturerſcheinungen ſchwer vom Uebrigen abzuloͤſen ſind und nicht leicht durch Vorſatz didactiſch abgeloͤſt werden. Mit der Farbenlehre war dieſes beſonders der Fall. Die Farbe iſt eine Zugabe zu allen Erſcheinungen, und obgleich immer eine weſentliche, doch oft ſcheinbar eine zufaͤllige. Deshalb konnte es kaum jemand beygehen, ſie an und fuͤr ſich zu betrachten, und beſonders zu behandeln. Auch geſchieht dieſes von uns beynahe zum erſtenmal, indem alle fruͤheren Bearbeitungen nur gelegent- lich geſchahen und von der Seite des Brauchbaren oder Widerwaͤrtigen, des einzelnen oder eminenten Vor- kommens, oder ſonſt, eingeleitet worden. Dieſe beyden Umſtaͤnde werden wir alſo nicht aus dem Auge verlieren und bey den verſchiednen Epochen anzeigen, womit die Naturforſcher beſonders beſchaͤf- tigt geweſen, wie auch bey welchem eigenen Anlaß die Farbe wieder zur Sprache kommt. Bernhardinus Teleſius. geb. 1508. geſt. 1588. Durch die Buchdruckerey wurden mehrere Schrif- ten der Alten verbreitet. Ariſtoteles und Plato feſſel- ten nicht allein die Aufmerkſamkeit; auch andere Mey- nungen und theoretiſche Geſinnungen wurden bekannt,

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/249>, abgerufen am 28.03.2024.