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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

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Wir wollen hier noch zum Schlusse des Pater
Bonacursius gedenken, der mit Kirchern auf die Dauer
des Bildeindrucks im Auge aufmerksam ward. Zu-
fälligerweise war es das Fensterkreuz, das sie von
jener merkwürdigen physiologischen Erscheinung belehrte,
und es ist ihnen als Geistlichen nicht zu verargen,
daß sie zuerst der Heiligkeit dieser mathematischen
Figur eine solche Wunderwirkung zuschrieben. Uebri-
gens ist dieß einer von den wenigen Fällen, wo
eine Art von Aberglaube sich zur Betrachtung der Far-
benerscheinung gesellt hat.


Marcus Marci.

geb. 1595. gest. 1667.

Die großen Wirkungen, welche Keppler und Tycho
de Brahe, in Verbindung mit Galilei, im südlichen
Deutschland hervorgebracht, konnten nicht ohne Folge
bleiben, und es läßt sich bemerken, daß in den kaiser-
lichen Staaten, sowohl bey einzelnen Menschen als
ganzen Gesellschaften, dieser erste kräftige Anstoß immer
fortwirkt.

Marcus Marci, etliche und zwanzig Jahre jünger
als Keppler, ob er sich gleich vorzüglich auf Sprachen
gelegt hatte, scheint auch durch jenen mathematisch-
astronomischen Geist angeregt worden zu seyn. Er
war zu Landscron geboren und zuletzt Professor in

Wir wollen hier noch zum Schluſſe des Pater
Bonacurſius gedenken, der mit Kirchern auf die Dauer
des Bildeindrucks im Auge aufmerkſam ward. Zu-
faͤlligerweiſe war es das Fenſterkreuz, das ſie von
jener merkwuͤrdigen phyſiologiſchen Erſcheinung belehrte,
und es iſt ihnen als Geiſtlichen nicht zu verargen,
daß ſie zuerſt der Heiligkeit dieſer mathematiſchen
Figur eine ſolche Wunderwirkung zuſchrieben. Uebri-
gens iſt dieß einer von den wenigen Faͤllen, wo
eine Art von Aberglaube ſich zur Betrachtung der Far-
benerſcheinung geſellt hat.


Marcus Marci.

geb. 1595. geſt. 1667.

Die großen Wirkungen, welche Keppler und Tycho
de Brahe, in Verbindung mit Galilei, im ſuͤdlichen
Deutſchland hervorgebracht, konnten nicht ohne Folge
bleiben, und es laͤßt ſich bemerken, daß in den kaiſer-
lichen Staaten, ſowohl bey einzelnen Menſchen als
ganzen Geſellſchaften, dieſer erſte kraͤftige Anſtoß immer
fortwirkt.

Marcus Marci, etliche und zwanzig Jahre juͤnger
als Keppler, ob er ſich gleich vorzuͤglich auf Sprachen
gelegt hatte, ſcheint auch durch jenen mathematiſch-
aſtronomiſchen Geiſt angeregt worden zu ſeyn. Er
war zu Landscron geboren und zuletzt Profeſſor in

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[286/0320] Wir wollen hier noch zum Schluſſe des Pater Bonacurſius gedenken, der mit Kirchern auf die Dauer des Bildeindrucks im Auge aufmerkſam ward. Zu- faͤlligerweiſe war es das Fenſterkreuz, das ſie von jener merkwuͤrdigen phyſiologiſchen Erſcheinung belehrte, und es iſt ihnen als Geiſtlichen nicht zu verargen, daß ſie zuerſt der Heiligkeit dieſer mathematiſchen Figur eine ſolche Wunderwirkung zuſchrieben. Uebri- gens iſt dieß einer von den wenigen Faͤllen, wo eine Art von Aberglaube ſich zur Betrachtung der Far- benerſcheinung geſellt hat. Marcus Marci. geb. 1595. geſt. 1667. Die großen Wirkungen, welche Keppler und Tycho de Brahe, in Verbindung mit Galilei, im ſuͤdlichen Deutſchland hervorgebracht, konnten nicht ohne Folge bleiben, und es laͤßt ſich bemerken, daß in den kaiſer- lichen Staaten, ſowohl bey einzelnen Menſchen als ganzen Geſellſchaften, dieſer erſte kraͤftige Anſtoß immer fortwirkt. Marcus Marci, etliche und zwanzig Jahre juͤnger als Keppler, ob er ſich gleich vorzuͤglich auf Sprachen gelegt hatte, ſcheint auch durch jenen mathematiſch- aſtronomiſchen Geiſt angeregt worden zu ſeyn. Er war zu Landscron geboren und zuletzt Profeſſor in

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/320>, abgerufen am 25.04.2024.