Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

ches wird durch Aehnliches erkannt). Die Farben
aber gelangten durch einen Abfluß zu dem Gesicht.
Die Augen seyen aber nicht aus Gleichem zusammenge-
setzt, sondern aus Entgegenstehendem; auch hätten
einige das Feuer in sich, andre außer sich. Daher
sähen auch einige Thiere bey Tage, andre bey Nacht
besser. Die nehmlich weniger Feuer hätten, bey Tage:
das innre Licht werde durch das äußre ausgeglichen;
die im Gegentheil, bey Nacht: denn ihnen werde das
Fehlende ersetzt. In den entgegengesetzt organisirten
verhalte es sich umgekehrt; sie sähen schlecht. Bey de-
nen nehmlich das Feuer vorwalte, am Tage noch ver-
mehrt (durch das äußre) überwältige und verstopfe es
die Gänge des Wassers; bey denen aber das Wasser
vorwalte, werde des Nachts das Feuer vom Wasser
überwältigt, so lange bis daß in diesen das Wasser
vom äußern Licht, bey jenen das Feuer durch
die Luft ausgeschieden und abgesondert werde. Denn
immer das Entgegenstehende sey die Heilung des andern.
Am besten gemischt und am tauglichsten seyen die Augen,
die aus beyden Bestandtheilen gleichförmig gemischt
wären.


Nach Stobäus.

Empedocles erklärt die Farbe für etwas, das den
Gängen des Auges oder Gesichts angemessen und damit
übereinstimmend sey. Ihre Verschiedenheit leitet er von
der Mannigfaltigkeit der Nahrung ab. Gleich den Ele-

1 *

ches wird durch Aehnliches erkannt). Die Farben
aber gelangten durch einen Abfluß zu dem Geſicht.
Die Augen ſeyen aber nicht aus Gleichem zuſammenge-
ſetzt, ſondern aus Entgegenſtehendem; auch haͤtten
einige das Feuer in ſich, andre außer ſich. Daher
ſaͤhen auch einige Thiere bey Tage, andre bey Nacht
beſſer. Die nehmlich weniger Feuer haͤtten, bey Tage:
das innre Licht werde durch das aͤußre ausgeglichen;
die im Gegentheil, bey Nacht: denn ihnen werde das
Fehlende erſetzt. In den entgegengeſetzt organiſirten
verhalte es ſich umgekehrt; ſie ſaͤhen ſchlecht. Bey de-
nen nehmlich das Feuer vorwalte, am Tage noch ver-
mehrt (durch das aͤußre) uͤberwaͤltige und verſtopfe es
die Gaͤnge des Waſſers; bey denen aber das Waſſer
vorwalte, werde des Nachts das Feuer vom Waſſer
uͤberwaͤltigt, ſo lange bis daß in dieſen das Waſſer
vom aͤußern Licht, bey jenen das Feuer durch
die Luft ausgeſchieden und abgeſondert werde. Denn
immer das Entgegenſtehende ſey die Heilung des andern.
Am beſten gemiſcht und am tauglichſten ſeyen die Augen,
die aus beyden Beſtandtheilen gleichfoͤrmig gemiſcht
waͤren.


Nach Stobaͤus.

Empedocles erklaͤrt die Farbe fuͤr etwas, das den
Gaͤngen des Auges oder Geſichts angemeſſen und damit
uͤbereinſtimmend ſey. Ihre Verſchiedenheit leitet er von
der Mannigfaltigkeit der Nahrung ab. Gleich den Ele-

1 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0037" n="3"/>
ches wird durch Aehnliches erkannt). Die Farben<lb/>
aber gelangten durch einen Abfluß zu dem Ge&#x017F;icht.<lb/>
Die Augen &#x017F;eyen aber nicht aus Gleichem zu&#x017F;ammenge-<lb/>
&#x017F;etzt, &#x017F;ondern aus Entgegen&#x017F;tehendem; auch ha&#x0364;tten<lb/>
einige das Feuer in &#x017F;ich, andre außer &#x017F;ich. Daher<lb/>
&#x017F;a&#x0364;hen auch einige Thiere bey Tage, andre bey Nacht<lb/>
be&#x017F;&#x017F;er. Die nehmlich weniger Feuer ha&#x0364;tten, bey Tage:<lb/>
das innre Licht werde durch das a&#x0364;ußre ausgeglichen;<lb/>
die im Gegentheil, bey Nacht: denn ihnen werde das<lb/>
Fehlende er&#x017F;etzt. In den entgegenge&#x017F;etzt organi&#x017F;irten<lb/>
verhalte es &#x017F;ich umgekehrt; &#x017F;ie &#x017F;a&#x0364;hen &#x017F;chlecht. Bey de-<lb/>
nen nehmlich das Feuer vorwalte, am Tage noch ver-<lb/>
mehrt (durch das a&#x0364;ußre) u&#x0364;berwa&#x0364;ltige und ver&#x017F;topfe es<lb/>
die Ga&#x0364;nge des Wa&#x017F;&#x017F;ers; bey denen aber das Wa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
vorwalte, werde des Nachts das Feuer vom Wa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
u&#x0364;berwa&#x0364;ltigt, &#x017F;o lange bis daß in die&#x017F;en das Wa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
vom a&#x0364;ußern Licht, bey jenen das Feuer durch<lb/>
die Luft ausge&#x017F;chieden und abge&#x017F;ondert werde. Denn<lb/>
immer das Entgegen&#x017F;tehende &#x017F;ey die Heilung des andern.<lb/>
Am be&#x017F;ten gemi&#x017F;cht und am tauglich&#x017F;ten &#x017F;eyen die Augen,<lb/>
die aus beyden Be&#x017F;tandtheilen gleichfo&#x0364;rmig gemi&#x017F;cht<lb/>
wa&#x0364;ren.</p>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#g">Nach Stoba&#x0364;us</hi>.</head><lb/>
            <p>Empedocles erkla&#x0364;rt die Farbe fu&#x0364;r etwas, das den<lb/>
Ga&#x0364;ngen des Auges oder Ge&#x017F;ichts angeme&#x017F;&#x017F;en und damit<lb/>
u&#x0364;berein&#x017F;timmend &#x017F;ey. Ihre Ver&#x017F;chiedenheit leitet er von<lb/>
der Mannigfaltigkeit der Nahrung ab. Gleich den Ele-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">1 *</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[3/0037] ches wird durch Aehnliches erkannt). Die Farben aber gelangten durch einen Abfluß zu dem Geſicht. Die Augen ſeyen aber nicht aus Gleichem zuſammenge- ſetzt, ſondern aus Entgegenſtehendem; auch haͤtten einige das Feuer in ſich, andre außer ſich. Daher ſaͤhen auch einige Thiere bey Tage, andre bey Nacht beſſer. Die nehmlich weniger Feuer haͤtten, bey Tage: das innre Licht werde durch das aͤußre ausgeglichen; die im Gegentheil, bey Nacht: denn ihnen werde das Fehlende erſetzt. In den entgegengeſetzt organiſirten verhalte es ſich umgekehrt; ſie ſaͤhen ſchlecht. Bey de- nen nehmlich das Feuer vorwalte, am Tage noch ver- mehrt (durch das aͤußre) uͤberwaͤltige und verſtopfe es die Gaͤnge des Waſſers; bey denen aber das Waſſer vorwalte, werde des Nachts das Feuer vom Waſſer uͤberwaͤltigt, ſo lange bis daß in dieſen das Waſſer vom aͤußern Licht, bey jenen das Feuer durch die Luft ausgeſchieden und abgeſondert werde. Denn immer das Entgegenſtehende ſey die Heilung des andern. Am beſten gemiſcht und am tauglichſten ſeyen die Augen, die aus beyden Beſtandtheilen gleichfoͤrmig gemiſcht waͤren. Nach Stobaͤus. Empedocles erklaͤrt die Farbe fuͤr etwas, das den Gaͤngen des Auges oder Geſichts angemeſſen und damit uͤbereinſtimmend ſey. Ihre Verſchiedenheit leitet er von der Mannigfaltigkeit der Nahrung ab. Gleich den Ele- 1 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/37
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/37>, abgerufen am 24.04.2024.