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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

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Ungewisse Anfänge
der
Societät
.

Der Ursprung wichtiger Begebenheiten und Er-
zeugnisse tritt sehr oft in eine undurchdringliche my-
thologische Nacht zurück. Die Anfänge sind unschein-
bar und unbemerkt und bleiben dem künftigen For-
scher verborgen.

Der patriotische Engländer möchte den Ursprung
der Societät gern früh festsetzen, aus Eifersucht gegen
gewisse Franzosen, welche sich gleichzeitig zu solchem
Zwecke in Paris versammlet. Der patriotische Londner
gönnt der Universität Oxford die Ehre nicht, als
Wiege eines so merkwürdigen Instituts gerühmt
zu werden.

Man setzt daher ihre frühsten Anfänge um das
Jahr 1645 nach London, wo sich namhafte Natur-
freunde wöchentlich einmal versammelten, um mit Aus-
schließung aller Staats- und Religionsfragen, welche
in der unglücklichen Zeit des bürgerlichen Kriegs die
Nation leidenschaftlich beschäftigten, sich über natür-
liche Dinge zu unterhalten. Boyle soll dieser Zusam-
menkünfte, unter dem Namen des unsichtbaren oder
philosophischen Collegiums, in seinen Briefen gedenken.

Ungewiſſe Anfaͤnge
der
Societaͤt
.

Der Urſprung wichtiger Begebenheiten und Er-
zeugniſſe tritt ſehr oft in eine undurchdringliche my-
thologiſche Nacht zuruͤck. Die Anfaͤnge ſind unſchein-
bar und unbemerkt und bleiben dem kuͤnftigen For-
ſcher verborgen.

Der patriotiſche Englaͤnder moͤchte den Urſprung
der Societaͤt gern fruͤh feſtſetzen, aus Eiferſucht gegen
gewiſſe Franzoſen, welche ſich gleichzeitig zu ſolchem
Zwecke in Paris verſammlet. Der patriotiſche Londner
goͤnnt der Univerſitaͤt Oxford die Ehre nicht, als
Wiege eines ſo merkwuͤrdigen Inſtituts geruͤhmt
zu werden.

Man ſetzt daher ihre fruͤhſten Anfaͤnge um das
Jahr 1645 nach London, wo ſich namhafte Natur-
freunde woͤchentlich einmal verſammelten, um mit Aus-
ſchließung aller Staats- und Religionsfragen, welche
in der ungluͤcklichen Zeit des buͤrgerlichen Kriegs die
Nation leidenſchaftlich beſchaͤftigten, ſich uͤber natuͤr-
liche Dinge zu unterhalten. Boyle ſoll dieſer Zuſam-
menkuͤnfte, unter dem Namen des unſichtbaren oder
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[383/0417] Ungewiſſe Anfaͤnge der Societaͤt. Der Urſprung wichtiger Begebenheiten und Er- zeugniſſe tritt ſehr oft in eine undurchdringliche my- thologiſche Nacht zuruͤck. Die Anfaͤnge ſind unſchein- bar und unbemerkt und bleiben dem kuͤnftigen For- ſcher verborgen. Der patriotiſche Englaͤnder moͤchte den Urſprung der Societaͤt gern fruͤh feſtſetzen, aus Eiferſucht gegen gewiſſe Franzoſen, welche ſich gleichzeitig zu ſolchem Zwecke in Paris verſammlet. Der patriotiſche Londner goͤnnt der Univerſitaͤt Oxford die Ehre nicht, als Wiege eines ſo merkwuͤrdigen Inſtituts geruͤhmt zu werden. Man ſetzt daher ihre fruͤhſten Anfaͤnge um das Jahr 1645 nach London, wo ſich namhafte Natur- freunde woͤchentlich einmal verſammelten, um mit Aus- ſchließung aller Staats- und Religionsfragen, welche in der ungluͤcklichen Zeit des buͤrgerlichen Kriegs die Nation leidenſchaftlich beſchaͤftigten, ſich uͤber natuͤr- liche Dinge zu unterhalten. Boyle ſoll dieſer Zuſam- menkuͤnfte, unter dem Namen des unſichtbaren oder philoſophiſchen Collegiums, in ſeinen Briefen gedenken.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/417>, abgerufen am 24.04.2024.