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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

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Deswegen hat auch dieser mit göttlichem Scharfsinn
begabte Philosoph mehr geleistet als alle die erfind-
samsten Männer von den ersten Anfängen der Welt-
weisheit her zusammen. Verbannt sind nun alle Hy-
pothesen; nichts als was bewiesen ist wird zugelassen;
die Weltweisheit wird durch die gründlichste Lehre er-
weitert, und auf den menschlichen Nutzen übergetra-
gen, durch mehrere angesehene, die wahre Methode
befolgende gelehrte Männer."


Französische Akademiker.

Die erste französische Akademie, schon im Jahre
1634 eingerichtet, war der Sprache im allgemeinsten
Sinne, der Grammatik, Rhetorik und Poesie gewid-
met. Eine Versammlung von Naturforschern aber
hatte zuerst in England statt gefunden.

In einem Brief an die Londner Societät preist
von Montmort Desorbieres die englische Nation glück-
lich, daß sie einen reichen Adel und einen König habe,
der sich für die Wissenschaften interessire; welches in
Frankreich nicht der Fall sey. Doch fanden sich auch
in diesem Lande schon so viel Freunde der Naturwissen-
schaften in einzelnen Gesellschaften zusammen, daß man
von Hof aus nicht säumen konnte, sie näher zu ver-

Deswegen hat auch dieſer mit goͤttlichem Scharfſinn
begabte Philoſoph mehr geleiſtet als alle die erfind-
ſamſten Maͤnner von den erſten Anfaͤngen der Welt-
weisheit her zuſammen. Verbannt ſind nun alle Hy-
potheſen; nichts als was bewieſen iſt wird zugelaſſen;
die Weltweisheit wird durch die gruͤndlichſte Lehre er-
weitert, und auf den menſchlichen Nutzen uͤbergetra-
gen, durch mehrere angeſehene, die wahre Methode
befolgende gelehrte Maͤnner.“


Franzoͤſiſche Akademiker.

Die erſte franzoͤſiſche Akademie, ſchon im Jahre
1634 eingerichtet, war der Sprache im allgemeinſten
Sinne, der Grammatik, Rhetorik und Poeſie gewid-
met. Eine Verſammlung von Naturforſchern aber
hatte zuerſt in England ſtatt gefunden.

In einem Brief an die Londner Societaͤt preiſt
von Montmort Deſorbieres die engliſche Nation gluͤck-
lich, daß ſie einen reichen Adel und einen Koͤnig habe,
der ſich fuͤr die Wiſſenſchaften intereſſire; welches in
Frankreich nicht der Fall ſey. Doch fanden ſich auch
in dieſem Lande ſchon ſo viel Freunde der Naturwiſſen-
ſchaften in einzelnen Geſellſchaften zuſammen, daß man
von Hof aus nicht ſaͤumen konnte, ſie naͤher zu ver-

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[490/0524] Deswegen hat auch dieſer mit goͤttlichem Scharfſinn begabte Philoſoph mehr geleiſtet als alle die erfind- ſamſten Maͤnner von den erſten Anfaͤngen der Welt- weisheit her zuſammen. Verbannt ſind nun alle Hy- potheſen; nichts als was bewieſen iſt wird zugelaſſen; die Weltweisheit wird durch die gruͤndlichſte Lehre er- weitert, und auf den menſchlichen Nutzen uͤbergetra- gen, durch mehrere angeſehene, die wahre Methode befolgende gelehrte Maͤnner.“ Franzoͤſiſche Akademiker. Die erſte franzoͤſiſche Akademie, ſchon im Jahre 1634 eingerichtet, war der Sprache im allgemeinſten Sinne, der Grammatik, Rhetorik und Poeſie gewid- met. Eine Verſammlung von Naturforſchern aber hatte zuerſt in England ſtatt gefunden. In einem Brief an die Londner Societaͤt preiſt von Montmort Deſorbieres die engliſche Nation gluͤck- lich, daß ſie einen reichen Adel und einen Koͤnig habe, der ſich fuͤr die Wiſſenſchaften intereſſire; welches in Frankreich nicht der Fall ſey. Doch fanden ſich auch in dieſem Lande ſchon ſo viel Freunde der Naturwiſſen- ſchaften in einzelnen Geſellſchaften zuſammen, daß man von Hof aus nicht ſaͤumen konnte, ſie naͤher zu ver-

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 490. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/524>, abgerufen am 29.03.2024.