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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

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7.

Ingleichen das Wasser, wenn es rauh wird, wie
das Meer im Sturm. Denn da von der rauhen Ober-
fläche wenig Lichtstrahlen zurückgeworfen werden, viel-
mehr das Licht sich zerstreut, so erscheint das Schattige
schwarz.

8.

Durchsichtige Körper, wenn sie sehr dick sind,
z. B. die Wolken, lassen kein Licht durch und erschei-
nen schwarz. Auch strahlt, wenn sie eine große Tiefe
haben, aus Wasser und Luft kein Licht zurück, daher
die mittlern Räume schwarz und finster erscheinen.

9.

Daß aber die Finsterniß keine Farbe sey, sondern
eine Beraubung des Lichts, dieses ist nicht schwer aus
verschiedenen Umständen einzusehen; am meisten aber
daher: daß sich nicht empfinden läßt, wie groß und von
welcher Art das Gebilde derselben sey, wie es sich
doch bey andern sichtbaren Dingen verhält.

10.

Daß aber das Licht zugleich die Farbe des Feuers
sey, ist daraus deutlich, weil man an diesem keine an-
dere Farbe findet und weil es durch sich allein sichtbar
ist, so wie es alles übrige sichtbar macht.

11.

Das Gleiche gilt von einigem, was weder Feuer,
noch feuerartig ist, und doch Licht von sich zu geben
scheint.

7.

Ingleichen das Waſſer, wenn es rauh wird, wie
das Meer im Sturm. Denn da von der rauhen Ober-
flaͤche wenig Lichtſtrahlen zuruͤckgeworfen werden, viel-
mehr das Licht ſich zerſtreut, ſo erſcheint das Schattige
ſchwarz.

8.

Durchſichtige Koͤrper, wenn ſie ſehr dick ſind,
z. B. die Wolken, laſſen kein Licht durch und erſchei-
nen ſchwarz. Auch ſtrahlt, wenn ſie eine große Tiefe
haben, aus Waſſer und Luft kein Licht zuruͤck, daher
die mittlern Raͤume ſchwarz und finſter erſcheinen.

9.

Daß aber die Finſterniß keine Farbe ſey, ſondern
eine Beraubung des Lichts, dieſes iſt nicht ſchwer aus
verſchiedenen Umſtaͤnden einzuſehen; am meiſten aber
daher: daß ſich nicht empfinden laͤßt, wie groß und von
welcher Art das Gebilde derſelben ſey, wie es ſich
doch bey andern ſichtbaren Dingen verhaͤlt.

10.

Daß aber das Licht zugleich die Farbe des Feuers
ſey, iſt daraus deutlich, weil man an dieſem keine an-
dere Farbe findet und weil es durch ſich allein ſichtbar
iſt, ſo wie es alles uͤbrige ſichtbar macht.

11.

Das Gleiche gilt von einigem, was weder Feuer,
noch feuerartig iſt, und doch Licht von ſich zu geben
ſcheint.

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[26/0060] 7. Ingleichen das Waſſer, wenn es rauh wird, wie das Meer im Sturm. Denn da von der rauhen Ober- flaͤche wenig Lichtſtrahlen zuruͤckgeworfen werden, viel- mehr das Licht ſich zerſtreut, ſo erſcheint das Schattige ſchwarz. 8. Durchſichtige Koͤrper, wenn ſie ſehr dick ſind, z. B. die Wolken, laſſen kein Licht durch und erſchei- nen ſchwarz. Auch ſtrahlt, wenn ſie eine große Tiefe haben, aus Waſſer und Luft kein Licht zuruͤck, daher die mittlern Raͤume ſchwarz und finſter erſcheinen. 9. Daß aber die Finſterniß keine Farbe ſey, ſondern eine Beraubung des Lichts, dieſes iſt nicht ſchwer aus verſchiedenen Umſtaͤnden einzuſehen; am meiſten aber daher: daß ſich nicht empfinden laͤßt, wie groß und von welcher Art das Gebilde derſelben ſey, wie es ſich doch bey andern ſichtbaren Dingen verhaͤlt. 10. Daß aber das Licht zugleich die Farbe des Feuers ſey, iſt daraus deutlich, weil man an dieſem keine an- dere Farbe findet und weil es durch ſich allein ſichtbar iſt, ſo wie es alles uͤbrige ſichtbar macht. 11. Das Gleiche gilt von einigem, was weder Feuer, noch feuerartig iſt, und doch Licht von ſich zu geben ſcheint.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/60>, abgerufen am 29.03.2024.