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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

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reine Mathematik ist nicht grob, verglichen mit der an-
gewandten, ja sie ist vielmehr zarter und zuverlässiger.

Das größte Uebel jedoch, das den Blairischen
Versuchen beywohnt, ist, daß sie nach der Newtoni-
schen Theorie beschrieben sind. Versuche nach einer fal-
schen Terminologie ausgesprochen, sind, wenn man sie
nicht wiederholen kann, sehr schwer durch eine Conjec-
tural-Critik auf den rechten Fuß zu stellen. Wir fanden
uns nicht in dem Fall, die Blairischen Versuche zu
wiederholen; doch werden wir möglichst suchen ihnen
auf die Spur zu kommen.

ad VII,

Es sollen Versuche mit achromatischen Objectivglä-
sern von sehr weiter Oeffnung gemacht worden seyn;
was für Versuche aber, ist nicht deutlich. Man kann
durch solche Objectivgläser das Sonnenlicht fallen lassen,
um zu sehen, ob es bey seinem Zusammenziehen oder
Ausdehnen Farben zeige; man kann schwarze und wei-
ße kleine Scheiben auf entgegengesetzten Gründen da-
durch betrachten, ob sich Ränder an ihnen zeigen oder
nicht. Wir nehmen an, daß er den Versuch auf die
erste Weise angestellt; nun sagt er, in diesen Objectiv-
gläsern wären die beyden Abweichungen gewissermaßen
verbessert gewesen. Dieß heißt doch wohl von Seiten
der Form und von Seiten der Farbe. Ist dieses letz-
tere auch nur einigermaßen geschehen, wie können denn
die wunderlichen Farbenerscheinungen noch übrig blei-
ben, von denen der Schluß des Paragraphen spricht?

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reine Mathematik iſt nicht grob, verglichen mit der an-
gewandten, ja ſie iſt vielmehr zarter und zuverlaͤſſiger.

Das groͤßte Uebel jedoch, das den Blairiſchen
Verſuchen beywohnt, iſt, daß ſie nach der Newtoni-
ſchen Theorie beſchrieben ſind. Verſuche nach einer fal-
ſchen Terminologie ausgeſprochen, ſind, wenn man ſie
nicht wiederholen kann, ſehr ſchwer durch eine Conjec-
tural-Critik auf den rechten Fuß zu ſtellen. Wir fanden
uns nicht in dem Fall, die Blairiſchen Verſuche zu
wiederholen; doch werden wir moͤglichſt ſuchen ihnen
auf die Spur zu kommen.

ad VII,

Es ſollen Verſuche mit achromatiſchen Objectivglaͤ-
ſern von ſehr weiter Oeffnung gemacht worden ſeyn;
was fuͤr Verſuche aber, iſt nicht deutlich. Man kann
durch ſolche Objectivglaͤſer das Sonnenlicht fallen laſſen,
um zu ſehen, ob es bey ſeinem Zuſammenziehen oder
Ausdehnen Farben zeige; man kann ſchwarze und wei-
ße kleine Scheiben auf entgegengeſetzten Gruͤnden da-
durch betrachten, ob ſich Raͤnder an ihnen zeigen oder
nicht. Wir nehmen an, daß er den Verſuch auf die
erſte Weiſe angeſtellt; nun ſagt er, in dieſen Objectiv-
glaͤſern waͤren die beyden Abweichungen gewiſſermaßen
verbeſſert geweſen. Dieß heißt doch wohl von Seiten
der Form und von Seiten der Farbe. Iſt dieſes letz-
tere auch nur einigermaßen geſchehen, wie koͤnnen denn
die wunderlichen Farbenerſcheinungen noch uͤbrig blei-
ben, von denen der Schluß des Paragraphen ſpricht?

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[659/0693] reine Mathematik iſt nicht grob, verglichen mit der an- gewandten, ja ſie iſt vielmehr zarter und zuverlaͤſſiger. Das groͤßte Uebel jedoch, das den Blairiſchen Verſuchen beywohnt, iſt, daß ſie nach der Newtoni- ſchen Theorie beſchrieben ſind. Verſuche nach einer fal- ſchen Terminologie ausgeſprochen, ſind, wenn man ſie nicht wiederholen kann, ſehr ſchwer durch eine Conjec- tural-Critik auf den rechten Fuß zu ſtellen. Wir fanden uns nicht in dem Fall, die Blairiſchen Verſuche zu wiederholen; doch werden wir moͤglichſt ſuchen ihnen auf die Spur zu kommen. ad VII, Es ſollen Verſuche mit achromatiſchen Objectivglaͤ- ſern von ſehr weiter Oeffnung gemacht worden ſeyn; was fuͤr Verſuche aber, iſt nicht deutlich. Man kann durch ſolche Objectivglaͤſer das Sonnenlicht fallen laſſen, um zu ſehen, ob es bey ſeinem Zuſammenziehen oder Ausdehnen Farben zeige; man kann ſchwarze und wei- ße kleine Scheiben auf entgegengeſetzten Gruͤnden da- durch betrachten, ob ſich Raͤnder an ihnen zeigen oder nicht. Wir nehmen an, daß er den Verſuch auf die erſte Weiſe angeſtellt; nun ſagt er, in dieſen Objectiv- glaͤſern waͤren die beyden Abweichungen gewiſſermaßen verbeſſert geweſen. Dieß heißt doch wohl von Seiten der Form und von Seiten der Farbe. Iſt dieſes letz- tere auch nur einigermaßen geſchehen, wie koͤnnen denn die wunderlichen Farbenerſcheinungen noch uͤbrig blei- ben, von denen der Schluß des Paragraphen ſpricht? 42 *

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 659. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/693>, abgerufen am 24.04.2024.