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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

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gen sich ein wenig ins Rothe und werden dann feuer-
farb, aber bald verändern sie auch diese Farbe wieder,
weil ein reines Schwarz sich ursprünglich in ihnen befindet.

53.

Es ist offenbar, daß auch die Reiser, die Här-
chen und die Blätter dieser Pflanzen einige Schwärze
zeigen, weil sich eine solche Farbe häufig in ihnen
befindet; daß aber die schwarzen Früchte beyde Farben
in sich haben, zeigt der Saft, welcher weinhaft aussieht.

54.

Bey der Entstehung aber ist die rothe Farbe später
als die schwarze, wie man an dem Pflaster unter den
Dachtraufen sieht und überall, wo an schattigen Orten
mäßiges Wasser fließt; alles verwandelt sich da aus
der grünen in die rothe Farbe und das Pflaster wird,
als wenn beym Schlachten frisches Blut ausgegossen
worden wäre. Denn die grüne Farbe ist hier weiter
durchgekocht worden, zuletzt aber wirds auch hier sehr
schwarz und blau, wie es an den Früchten geschieht.

55.

Davon aber, daß die Farbe der Früchte sich ver-
wandelt, wenn die ersten Farben durch die folgenden
überwältigt werden, lassen sich Beyspiele an der Frucht
des Granatbaums und an den Rosenblättern zeigen;
denn beyde sind anfänglich weiß, zuletzt aber, wenn
die Säfte älter und durch Kochung gefärbt werden, so
verwandeln sie sich in Purpur und hochrothe Farbe.

gen ſich ein wenig ins Rothe und werden dann feuer-
farb, aber bald veraͤndern ſie auch dieſe Farbe wieder,
weil ein reines Schwarz ſich urſpruͤnglich in ihnen befindet.

53.

Es iſt offenbar, daß auch die Reiſer, die Haͤr-
chen und die Blaͤtter dieſer Pflanzen einige Schwaͤrze
zeigen, weil ſich eine ſolche Farbe haͤufig in ihnen
befindet; daß aber die ſchwarzen Fruͤchte beyde Farben
in ſich haben, zeigt der Saft, welcher weinhaft ausſieht.

54.

Bey der Entſtehung aber iſt die rothe Farbe ſpaͤter
als die ſchwarze, wie man an dem Pflaſter unter den
Dachtraufen ſieht und uͤberall, wo an ſchattigen Orten
maͤßiges Waſſer fließt; alles verwandelt ſich da aus
der gruͤnen in die rothe Farbe und das Pflaſter wird,
als wenn beym Schlachten friſches Blut ausgegoſſen
worden waͤre. Denn die gruͤne Farbe iſt hier weiter
durchgekocht worden, zuletzt aber wirds auch hier ſehr
ſchwarz und blau, wie es an den Fruͤchten geſchieht.

55.

Davon aber, daß die Farbe der Fruͤchte ſich ver-
wandelt, wenn die erſten Farben durch die folgenden
uͤberwaͤltigt werden, laſſen ſich Beyſpiele an der Frucht
des Granatbaums und an den Roſenblaͤttern zeigen;
denn beyde ſind anfaͤnglich weiß, zuletzt aber, wenn
die Saͤfte aͤlter und durch Kochung gefaͤrbt werden, ſo
verwandeln ſie ſich in Purpur und hochrothe Farbe.

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[42/0076] gen ſich ein wenig ins Rothe und werden dann feuer- farb, aber bald veraͤndern ſie auch dieſe Farbe wieder, weil ein reines Schwarz ſich urſpruͤnglich in ihnen befindet. 53. Es iſt offenbar, daß auch die Reiſer, die Haͤr- chen und die Blaͤtter dieſer Pflanzen einige Schwaͤrze zeigen, weil ſich eine ſolche Farbe haͤufig in ihnen befindet; daß aber die ſchwarzen Fruͤchte beyde Farben in ſich haben, zeigt der Saft, welcher weinhaft ausſieht. 54. Bey der Entſtehung aber iſt die rothe Farbe ſpaͤter als die ſchwarze, wie man an dem Pflaſter unter den Dachtraufen ſieht und uͤberall, wo an ſchattigen Orten maͤßiges Waſſer fließt; alles verwandelt ſich da aus der gruͤnen in die rothe Farbe und das Pflaſter wird, als wenn beym Schlachten friſches Blut ausgegoſſen worden waͤre. Denn die gruͤne Farbe iſt hier weiter durchgekocht worden, zuletzt aber wirds auch hier ſehr ſchwarz und blau, wie es an den Fruͤchten geſchieht. 55. Davon aber, daß die Farbe der Fruͤchte ſich ver- wandelt, wenn die erſten Farben durch die folgenden uͤberwaͤltigt werden, laſſen ſich Beyſpiele an der Frucht des Granatbaums und an den Roſenblaͤttern zeigen; denn beyde ſind anfaͤnglich weiß, zuletzt aber, wenn die Saͤfte aͤlter und durch Kochung gefaͤrbt werden, ſo verwandeln ſie ſich in Purpur und hochrothe Farbe.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/76>, abgerufen am 28.03.2024.