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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

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führt, welche auf den Grund der chemischen Farben-
erscheinung und Veränderung zu dringen suchen.

Paracelsus ließ zwar noch vier Elemente gelten,
jedes war aber wieder aus dreyen zusammengesetzt,
aus Sal, Sulphur und Mercurius, wodurch sie denn
sämmtlich, ungeachtet ihrer Verschiedenheit und Un-
ähnlichkeit, wieder in einen gewissen Bezug unter ein-
ander kamen.

Mit diesen drey Uranfängen scheint er dasjenige
ausdrücken zu wollen, was man in der Folge alcali-
sche Grundlagen, säuernde Wirksamkeiten, und begei-
stende Vereinigungsmittel genannt hat. Den Ursprung
der Farben schreibt Paracelsus dem Schwefel zu, wahr-
scheinlich daher, weil ihm die Wirkung der Säuren
auf Farbe und Farbenerscheinung am bedeutendsten
auffiel, und im gemeinen Schwefel sich die Säure im
hohen Grade manifestirt. Hat sodann jedes Element
seinen Antheil an dem höher verstandenen mystischen
Schwefel, so läßt sich auch wohl ableiten, wie in den
verschiedensten Fällen Farben entstehen können.

So viel für dießmal; in der Folge werden wir
sehen, wie seine Schüler und Nachkommen diese Lehre
erweitert und ihr durch mancherley Deutungen zu hel-
fen gesucht.


fuͤhrt, welche auf den Grund der chemiſchen Farben-
erſcheinung und Veraͤnderung zu dringen ſuchen.

Paracelſus ließ zwar noch vier Elemente gelten,
jedes war aber wieder aus dreyen zuſammengeſetzt,
aus Sal, Sulphur und Mercurius, wodurch ſie denn
ſaͤmmtlich, ungeachtet ihrer Verſchiedenheit und Un-
aͤhnlichkeit, wieder in einen gewiſſen Bezug unter ein-
ander kamen.

Mit dieſen drey Uranfaͤngen ſcheint er dasjenige
ausdruͤcken zu wollen, was man in der Folge alcali-
ſche Grundlagen, ſaͤuernde Wirkſamkeiten, und begei-
ſtende Vereinigungsmittel genannt hat. Den Urſprung
der Farben ſchreibt Paracelſus dem Schwefel zu, wahr-
ſcheinlich daher, weil ihm die Wirkung der Saͤuren
auf Farbe und Farbenerſcheinung am bedeutendſten
auffiel, und im gemeinen Schwefel ſich die Saͤure im
hohen Grade manifeſtirt. Hat ſodann jedes Element
ſeinen Antheil an dem hoͤher verſtandenen myſtiſchen
Schwefel, ſo laͤßt ſich auch wohl ableiten, wie in den
verſchiedenſten Faͤllen Farben entſtehen koͤnnen.

So viel fuͤr dießmal; in der Folge werden wir
ſehen, wie ſeine Schuͤler und Nachkommen dieſe Lehre
erweitert und ihr durch mancherley Deutungen zu hel-
fen geſucht.


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[206/0240] fuͤhrt, welche auf den Grund der chemiſchen Farben- erſcheinung und Veraͤnderung zu dringen ſuchen. Paracelſus ließ zwar noch vier Elemente gelten, jedes war aber wieder aus dreyen zuſammengeſetzt, aus Sal, Sulphur und Mercurius, wodurch ſie denn ſaͤmmtlich, ungeachtet ihrer Verſchiedenheit und Un- aͤhnlichkeit, wieder in einen gewiſſen Bezug unter ein- ander kamen. Mit dieſen drey Uranfaͤngen ſcheint er dasjenige ausdruͤcken zu wollen, was man in der Folge alcali- ſche Grundlagen, ſaͤuernde Wirkſamkeiten, und begei- ſtende Vereinigungsmittel genannt hat. Den Urſprung der Farben ſchreibt Paracelſus dem Schwefel zu, wahr- ſcheinlich daher, weil ihm die Wirkung der Saͤuren auf Farbe und Farbenerſcheinung am bedeutendſten auffiel, und im gemeinen Schwefel ſich die Saͤure im hohen Grade manifeſtirt. Hat ſodann jedes Element ſeinen Antheil an dem hoͤher verſtandenen myſtiſchen Schwefel, ſo laͤßt ſich auch wohl ableiten, wie in den verſchiedenſten Faͤllen Farben entſtehen koͤnnen. So viel fuͤr dießmal; in der Folge werden wir ſehen, wie ſeine Schuͤler und Nachkommen dieſe Lehre erweitert und ihr durch mancherley Deutungen zu hel- fen geſucht.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/240>, abgerufen am 20.04.2024.