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Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Eine Tragödie. Tübingen, 1808.

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Mephistopheles.
Denkt nur, den Schmuck für Gretchen angeschafft,
Den hat ein Pfaff hinweggerafft! --
Die Mutter kriegt das Ding zu schauen,
Gleich fängt's ihr heimlich an zu grauen:
Die Frau hat gar einen feinen Geruch,
Schnuffelt immer im Gebetbuch,
Und riecht's einem jeden Möbel an,
Ob das Ding heilig ist oder profan;
Und an dem Schmuck da spürt sie's klar,
Daß dabey nicht viel Segen war.
Mein Kind, rief sie, ungerechtes Gut
Befängt die Seele, zehrt auf das Blut.
Wollen's der Mutter Gottes weihen,
Wird uns mit Himmels-Manna erfreuen!
Margretlein zog ein schiefes Maul,
Ist halt, dacht' sie, ein geschenkter Gaul,
Und wahrlich! gottlos ist nicht der,
Der ihn so fein gebracht hierher.
Die Mutter ließ einen Pfaffen kommen;
Der hatte kaum den Spaß vernommen,
Ließ sich den Anblick wohl behagen.
Mephiſtopheles.
Denkt nur, den Schmuck fuͤr Gretchen angeſchafft,
Den hat ein Pfaff hinweggerafft! —
Die Mutter kriegt das Ding zu ſchauen,
Gleich faͤngt’s ihr heimlich an zu grauen:
Die Frau hat gar einen feinen Geruch,
Schnuffelt immer im Gebetbuch,
Und riecht’s einem jeden Moͤbel an,
Ob das Ding heilig iſt oder profan;
Und an dem Schmuck da ſpuͤrt ſie’s klar,
Daß dabey nicht viel Segen war.
Mein Kind, rief ſie, ungerechtes Gut
Befaͤngt die Seele, zehrt auf das Blut.
Wollen’s der Mutter Gottes weihen,
Wird uns mit Himmels-Manna erfreuen!
Margretlein zog ein ſchiefes Maul,
Iſt halt, dacht’ ſie, ein geſchenkter Gaul,
Und wahrlich! gottlos iſt nicht der,
Der ihn ſo fein gebracht hierher.
Die Mutter ließ einen Pfaffen kommen;
Der hatte kaum den Spaß vernommen,
Ließ ſich den Anblick wohl behagen.
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[181/0187] Mephiſtopheles. Denkt nur, den Schmuck fuͤr Gretchen angeſchafft, Den hat ein Pfaff hinweggerafft! — Die Mutter kriegt das Ding zu ſchauen, Gleich faͤngt’s ihr heimlich an zu grauen: Die Frau hat gar einen feinen Geruch, Schnuffelt immer im Gebetbuch, Und riecht’s einem jeden Moͤbel an, Ob das Ding heilig iſt oder profan; Und an dem Schmuck da ſpuͤrt ſie’s klar, Daß dabey nicht viel Segen war. Mein Kind, rief ſie, ungerechtes Gut Befaͤngt die Seele, zehrt auf das Blut. Wollen’s der Mutter Gottes weihen, Wird uns mit Himmels-Manna erfreuen! Margretlein zog ein ſchiefes Maul, Iſt halt, dacht’ ſie, ein geſchenkter Gaul, Und wahrlich! gottlos iſt nicht der, Der ihn ſo fein gebracht hierher. Die Mutter ließ einen Pfaffen kommen; Der hatte kaum den Spaß vernommen, Ließ ſich den Anblick wohl behagen.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Eine Tragödie. Tübingen, 1808, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust01_1808/187>, abgerufen am 28.03.2024.