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Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Eine Tragödie. Tübingen, 1808.

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Margarete.
Incommodirt euch nicht! Wie könnt ihr sie nur küssen?
Sie ist so garstig, ist so rauh!
Was hab' ich nicht schon alles schaffen müssen!
Die Mutter ist gar zu genau.

Gehn vorüber.
Marthe.
Und ihr, mein Herr, ihr reis't so immer fort?
Mephistopheles.
Ach, daß Gewerb' und Pflicht uns dazu treiben!
Mit wie viel Schmerz verläßt man manchen Ort,
Und darf doch nun einmal nicht bleiben!
Marthe.
In raschen Jahren geht's wohl an,
So um und um frey durch die Welt zu streifen;
Doch kömmt die böse Zeit heran,
Und sich als Hagestolz allein zum Grab' zu schleifen,
Das hat noch keinem wohl gethan.
Mephistopheles.
Mit Grausen seh' ich das von weiten.

Margarete.
Incommodirt euch nicht! Wie koͤnnt ihr ſie nur kuͤſſen?
Sie iſt ſo garſtig, iſt ſo rauh!
Was hab’ ich nicht ſchon alles ſchaffen muͤſſen!
Die Mutter iſt gar zu genau.

Gehn vorüber.
Marthe.
Und ihr, mein Herr, ihr reiſ’t ſo immer fort?
Mephiſtopheles.
Ach, daß Gewerb’ und Pflicht uns dazu treiben!
Mit wie viel Schmerz verlaͤßt man manchen Ort,
Und darf doch nun einmal nicht bleiben!
Marthe.
In raſchen Jahren geht’s wohl an,
So um und um frey durch die Welt zu ſtreifen;
Doch koͤmmt die boͤſe Zeit heran,
Und ſich als Hageſtolz allein zum Grab’ zu ſchleifen,
Das hat noch keinem wohl gethan.
Mephiſtopheles.
Mit Grauſen ſeh’ ich das von weiten.

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[201/0207] Margarete. Incommodirt euch nicht! Wie koͤnnt ihr ſie nur kuͤſſen? Sie iſt ſo garſtig, iſt ſo rauh! Was hab’ ich nicht ſchon alles ſchaffen muͤſſen! Die Mutter iſt gar zu genau. Gehn vorüber. Marthe. Und ihr, mein Herr, ihr reiſ’t ſo immer fort? Mephiſtopheles. Ach, daß Gewerb’ und Pflicht uns dazu treiben! Mit wie viel Schmerz verlaͤßt man manchen Ort, Und darf doch nun einmal nicht bleiben! Marthe. In raſchen Jahren geht’s wohl an, So um und um frey durch die Welt zu ſtreifen; Doch koͤmmt die boͤſe Zeit heran, Und ſich als Hageſtolz allein zum Grab’ zu ſchleifen, Das hat noch keinem wohl gethan. Mephiſtopheles. Mit Grauſen ſeh’ ich das von weiten.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Eine Tragödie. Tübingen, 1808, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust01_1808/207>, abgerufen am 25.04.2024.