Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

mit ihm einig. Man wußte unter gewissen
Vorwänden ihm den Alten zu übergeben.
Die Scheidung schmerzte Wilhelmen tief, und
nur die Hoffnung, ihn wiederhergestellt zu
sehen, konnte sie ihm einigermaßen erträglich
machen, so sehr war er gewohnt den Mann
um sich zu sehen und seine geistreichen und
herzlichen Töne zu vernehmen. Die Harfe
war mit verbrannt; man suchte eine andere,
die man ihm auf die Reise mitgab.

Auch hatte das Feuer die kleine Garde¬
robe Mignons verzehrt, und als man ihr
wieder etwas neues schaffen wollte, that Au¬
relie den Vorschlag, daß man sie doch end¬
lich als Mädchen kleiden sollte.

Nun gar nicht! rief Mignon aus und
bestand mit großer Lebhaftigkeit auf ihrer
alten Tracht, worin man ihr denn auch will¬
fahren mußte.

Die Gesellschaft hatte nicht viel Zeit, sich

mit ihm einig. Man wußte unter gewiſſen
Vorwänden ihm den Alten zu übergeben.
Die Scheidung ſchmerzte Wilhelmen tief, und
nur die Hoffnung, ihn wiederhergeſtellt zu
ſehen, konnte ſie ihm einigermaßen erträglich
machen, ſo ſehr war er gewohnt den Mann
um ſich zu ſehen und ſeine geiſtreichen und
herzlichen Töne zu vernehmen. Die Harfe
war mit verbrannt; man ſuchte eine andere,
die man ihm auf die Reiſe mitgab.

Auch hatte das Feuer die kleine Garde¬
robe Mignons verzehrt, und als man ihr
wieder etwas neues ſchaffen wollte, that Au¬
relie den Vorſchlag, daß man ſie doch end¬
lich als Mädchen kleiden ſollte.

Nun gar nicht! rief Mignon aus und
beſtand mit großer Lebhaftigkeit auf ihrer
alten Tracht, worin man ihr denn auch will¬
fahren mußte.

Die Geſellſchaft hatte nicht viel Zeit, ſich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0155" n="149"/>
mit ihm einig. Man wußte unter gewi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Vorwänden ihm den Alten zu übergeben.<lb/>
Die Scheidung &#x017F;chmerzte Wilhelmen tief, und<lb/>
nur die Hoffnung, ihn wiederherge&#x017F;tellt zu<lb/>
&#x017F;ehen, konnte &#x017F;ie ihm einigermaßen erträglich<lb/>
machen, &#x017F;o &#x017F;ehr war er gewohnt den Mann<lb/>
um &#x017F;ich zu &#x017F;ehen und &#x017F;eine gei&#x017F;treichen und<lb/>
herzlichen Töne zu vernehmen. Die Harfe<lb/>
war mit verbrannt; man &#x017F;uchte eine andere,<lb/>
die man ihm auf die Rei&#x017F;e mitgab.</p><lb/>
            <p>Auch hatte das Feuer die kleine Garde¬<lb/>
robe Mignons verzehrt, und als man ihr<lb/>
wieder etwas neues &#x017F;chaffen wollte, that Au¬<lb/>
relie den Vor&#x017F;chlag, daß man &#x017F;ie doch end¬<lb/>
lich als Mädchen kleiden &#x017F;ollte.</p><lb/>
            <p>Nun gar nicht! rief Mignon aus und<lb/>
be&#x017F;tand mit großer Lebhaftigkeit auf ihrer<lb/>
alten Tracht, worin man ihr denn auch will¬<lb/>
fahren mußte.</p><lb/>
            <p>Die Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft hatte nicht viel Zeit, &#x017F;ich<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[149/0155] mit ihm einig. Man wußte unter gewiſſen Vorwänden ihm den Alten zu übergeben. Die Scheidung ſchmerzte Wilhelmen tief, und nur die Hoffnung, ihn wiederhergeſtellt zu ſehen, konnte ſie ihm einigermaßen erträglich machen, ſo ſehr war er gewohnt den Mann um ſich zu ſehen und ſeine geiſtreichen und herzlichen Töne zu vernehmen. Die Harfe war mit verbrannt; man ſuchte eine andere, die man ihm auf die Reiſe mitgab. Auch hatte das Feuer die kleine Garde¬ robe Mignons verzehrt, und als man ihr wieder etwas neues ſchaffen wollte, that Au¬ relie den Vorſchlag, daß man ſie doch end¬ lich als Mädchen kleiden ſollte. Nun gar nicht! rief Mignon aus und beſtand mit großer Lebhaftigkeit auf ihrer alten Tracht, worin man ihr denn auch will¬ fahren mußte. Die Geſellſchaft hatte nicht viel Zeit, ſich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795/155
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795/155>, abgerufen am 18.04.2024.