Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>
Drittes Capitel.

Den andern Morgen, da noch alles stille
und ruhig war, ging er sich im Hause um¬
zusehen. Es war die reinste, schönste, wür¬
digste Baukunst, die er gesehen hatte. Ist
doch wahre Kunst, rief er aus, wie gute
Gesellschaft; sie nöthigt uns auf die ange¬
nehmste Weise das Maaß zu erkennen, nach
dem und zu dem unser Innerstes gebildet
ist. Unglaublich angenehm war der Eindruck,
den die Statuen und Büsten seines Großva¬
ters auf ihn machten. Mit Verlangen eilte
er dem Bilde vom kranken Königssohn
entgegen, und noch immer fand er es reizend
und rührend. Der Bediente öffnete ihm ver¬
schiedene andere Zimmer, er fand eine Bi¬
bliothek, eine Naturaliensammlung, ein phy¬

Drittes Capitel.

Den andern Morgen, da noch alles ſtille
und ruhig war, ging er ſich im Hauſe um¬
zuſehen. Es war die reinſte, ſchönſte, wür¬
digſte Baukunſt, die er geſehen hatte. Iſt
doch wahre Kunſt, rief er aus, wie gute
Geſellſchaft; ſie nöthigt uns auf die ange¬
nehmſte Weiſe das Maaß zu erkennen, nach
dem und zu dem unſer Innerſtes gebildet
iſt. Unglaublich angenehm war der Eindruck,
den die Statuen und Büſten ſeines Großva¬
ters auf ihn machten. Mit Verlangen eilte
er dem Bilde vom kranken Königsſohn
entgegen, und noch immer fand er es reizend
und rührend. Der Bediente öffnete ihm ver¬
ſchiedene andere Zimmer, er fand eine Bi¬
bliothek, eine Naturalienſammlung, ein phy¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0266" n="262"/>
          </div>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#g">Drittes Capitel.</hi><lb/>
            </head>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            <p><hi rendition="#in">D</hi>en andern Morgen, da noch alles &#x017F;tille<lb/>
und ruhig war, ging er &#x017F;ich im Hau&#x017F;e um¬<lb/>
zu&#x017F;ehen. Es war die rein&#x017F;te, &#x017F;chön&#x017F;te, wür¬<lb/>
dig&#x017F;te Baukun&#x017F;t, die er ge&#x017F;ehen hatte. I&#x017F;t<lb/>
doch wahre Kun&#x017F;t, rief er aus, wie gute<lb/>
Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft; &#x017F;ie nöthigt uns auf die ange¬<lb/>
nehm&#x017F;te Wei&#x017F;e das Maaß zu erkennen, nach<lb/>
dem und zu dem un&#x017F;er Inner&#x017F;tes gebildet<lb/>
i&#x017F;t. Unglaublich angenehm war der Eindruck,<lb/>
den die Statuen und Bü&#x017F;ten &#x017F;eines Großva¬<lb/>
ters auf ihn machten. Mit Verlangen eilte<lb/>
er dem Bilde vom kranken Königs&#x017F;ohn<lb/>
entgegen, und noch immer fand er es reizend<lb/>
und rührend. Der Bediente öffnete ihm ver¬<lb/>
&#x017F;chiedene andere Zimmer, er fand eine Bi¬<lb/>
bliothek, eine Naturalien&#x017F;ammlung, ein phy¬<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[262/0266] Drittes Capitel. Den andern Morgen, da noch alles ſtille und ruhig war, ging er ſich im Hauſe um¬ zuſehen. Es war die reinſte, ſchönſte, wür¬ digſte Baukunſt, die er geſehen hatte. Iſt doch wahre Kunſt, rief er aus, wie gute Geſellſchaft; ſie nöthigt uns auf die ange¬ nehmſte Weiſe das Maaß zu erkennen, nach dem und zu dem unſer Innerſtes gebildet iſt. Unglaublich angenehm war der Eindruck, den die Statuen und Büſten ſeines Großva¬ ters auf ihn machten. Mit Verlangen eilte er dem Bilde vom kranken Königsſohn entgegen, und noch immer fand er es reizend und rührend. Der Bediente öffnete ihm ver¬ ſchiedene andere Zimmer, er fand eine Bi¬ bliothek, eine Naturalienſammlung, ein phy¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/266
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/266>, abgerufen am 19.04.2024.