Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Versuch die Metamorphose der Pflanzen zu erklären. Gotha, 1790.

Bild:
<< vorherige Seite


abermals filtrirter Säfte, in einem hohen Grade
verfeint wieder ausdehnen, und uns, neue ganz
verschiedene Organe vorbilden. Ihre feine
Organisation, ihre Farbe, ihr Geruch, würden
uns ihren Ursprung ganz unkenntlich machen,
wenn wir die Natur nicht in mehreren ausser-
ordentlichen Fällen belauschen könnten.

§. 42.

So findet sich z. B., innerhalb des Kelches
einer Nelke, manchmal ein zweiter Kelch, welcher
zum Theil vollkommen grün, die Anlage zu
einem einblätterigen eingeschnittenen Kelche zeigt;
zum Theil zerrissen und an seinen Spitzen und
Rändern, zu zarten, ausgedehnten, gefärbten
wirklichen Anfängen der Kronenblätter umge-
bildet wird, wodurch wir denn die Verwandt-
schaft der Krone und des Kelches abermals deutlich
erkennen.

§. 43.

Die Verwandtschaft der Krone mit den
Stengelblättern zeigt sich uns auch auf mehr als
eine Art: denn es erscheinen an mehreren Pflanzen


abermals filtrirter Säfte, in einem hohen Grade
verfeint wieder ausdehnen, und uns, neue ganz
verſchiedene Organe vorbilden. Ihre feine
Organiſation, ihre Farbe, ihr Geruch, würden
uns ihren Urſprung ganz unkenntlich machen,
wenn wir die Natur nicht in mehreren auſser-
ordentlichen Fällen belauſchen könnten.

§. 42.

So findet ſich z. B., innerhalb des Kelches
einer Nelke, manchmal ein zweiter Kelch, welcher
zum Theil vollkommen grün, die Anlage zu
einem einblätterigen eingeſchnittenen Kelche zeigt;
zum Theil zerriſſen und an ſeinen Spitzen und
Rändern, zu zarten, ausgedehnten, gefärbten
wirklichen Anfängen der Kronenblätter umge-
bildet wird, wodurch wir denn die Verwandt-
ſchaft der Krone und des Kelches abermals deutlich
erkennen.

§. 43.

Die Verwandtſchaft der Krone mit den
Stengelblättern zeigt ſich uns auch auf mehr als
eine Art: denn es erſcheinen an mehreren Pflanzen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0043" n="28"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/> abermals filtrirter Säfte, in einem hohen Grade<lb/>
verfeint wieder ausdehnen, und uns, neue ganz<lb/>
ver&#x017F;chiedene Organe vorbilden. Ihre feine<lb/>
Organi&#x017F;ation, ihre Farbe, ihr Geruch, würden<lb/>
uns ihren Ur&#x017F;prung ganz unkenntlich machen,<lb/>
wenn wir die Natur nicht in mehreren au&#x017F;ser-<lb/>
ordentlichen Fällen belau&#x017F;chen könnten.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#c">§. 42.</hi> </head><lb/>
          <p>So findet &#x017F;ich z. B., innerhalb des Kelches<lb/>
einer Nelke, manchmal ein zweiter Kelch, welcher<lb/>
zum Theil vollkommen grün, die Anlage zu<lb/>
einem einblätterigen einge&#x017F;chnittenen Kelche zeigt;<lb/>
zum Theil zerri&#x017F;&#x017F;en und an &#x017F;einen Spitzen und<lb/>
Rändern, zu zarten, ausgedehnten, gefärbten<lb/>
wirklichen Anfängen der Kronenblätter umge-<lb/>
bildet wird, wodurch wir denn die Verwandt-<lb/>
&#x017F;chaft der Krone und des Kelches abermals deutlich<lb/>
erkennen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#c">§. 43.</hi> </head><lb/>
          <p>Die Verwandt&#x017F;chaft der Krone mit den<lb/>
Stengelblättern zeigt &#x017F;ich uns auch auf mehr als<lb/>
eine Art: denn es er&#x017F;cheinen an mehreren Pflanzen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[28/0043] abermals filtrirter Säfte, in einem hohen Grade verfeint wieder ausdehnen, und uns, neue ganz verſchiedene Organe vorbilden. Ihre feine Organiſation, ihre Farbe, ihr Geruch, würden uns ihren Urſprung ganz unkenntlich machen, wenn wir die Natur nicht in mehreren auſser- ordentlichen Fällen belauſchen könnten. §. 42. So findet ſich z. B., innerhalb des Kelches einer Nelke, manchmal ein zweiter Kelch, welcher zum Theil vollkommen grün, die Anlage zu einem einblätterigen eingeſchnittenen Kelche zeigt; zum Theil zerriſſen und an ſeinen Spitzen und Rändern, zu zarten, ausgedehnten, gefärbten wirklichen Anfängen der Kronenblätter umge- bildet wird, wodurch wir denn die Verwandt- ſchaft der Krone und des Kelches abermals deutlich erkennen. §. 43. Die Verwandtſchaft der Krone mit den Stengelblättern zeigt ſich uns auch auf mehr als eine Art: denn es erſcheinen an mehreren Pflanzen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Es existieren zwei Drucke des "Versuchs" von 1790… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_metamorphose_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_metamorphose_1790/43
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Versuch die Metamorphose der Pflanzen zu erklären. Gotha, 1790, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_metamorphose_1790/43>, abgerufen am 29.03.2024.