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Goethe, Johann Wolfgang von: Versuch die Metamorphose der Pflanzen zu erklären. Gotha, 1790.

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XII.
Rückblick und Uebergang.
§. 84.

UND so wären wir der Natur auf ihren Schritten,
so bedachtsam als möglich gefolgt; wir hätten
die äussere Gestalt der Pflanze in allen ihren
Umwandlungen, von ihrer Entwickelung aus dem
Samenkorn, bis zur neuen Bildung desselben
begleitet. Und ohne Anmassung die ersten Trieb-
federn der Naturwirkungen entdecken zu wollen,
auf Aeusserung der Kräfte, durch welche die
Pflanze ein und eben dasselbe Organ nach und
nach umbildet, unsre Aufmerksamkeit gerichtet.
Um den einmal ergriffenen Faden nicht zu ver-
lassen, haben wir die Pflanze durchgehends nur
als einjährig betrachtet, wir haben nur die
Umwandlung der Blätter welche die Knoten
begleiten bemerkt, und alle Gestalten aus ihnen
hergeleitet. Allein es wird, um diesem Versuch


XII.
Rückblick und Uebergang.
§. 84.

UND ſo wären wir der Natur auf ihren Schritten,
ſo bedachtſam als möglich gefolgt; wir hätten
die äuſsere Geſtalt der Pflanze in allen ihren
Umwandlungen, von ihrer Entwickelung aus dem
Samenkorn, bis zur neuen Bildung deſſelben
begleitet. Und ohne Anmaſsung die erſten Trieb-
federn der Naturwirkungen entdecken zu wollen,
auf Aeuſserung der Kräfte, durch welche die
Pflanze ein und eben daſſelbe Organ nach und
nach umbildet, unſre Aufmerkſamkeit gerichtet.
Um den einmal ergriffenen Faden nicht zu ver-
laſſen, haben wir die Pflanze durchgehends nur
als einjährig betrachtet, wir haben nur die
Umwandlung der Blätter welche die Knoten
begleiten bemerkt, und alle Geſtalten aus ihnen
hergeleitet. Allein es wird, um dieſem Verſuch

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[57/0072] XII. Rückblick und Uebergang. §. 84. UND ſo wären wir der Natur auf ihren Schritten, ſo bedachtſam als möglich gefolgt; wir hätten die äuſsere Geſtalt der Pflanze in allen ihren Umwandlungen, von ihrer Entwickelung aus dem Samenkorn, bis zur neuen Bildung deſſelben begleitet. Und ohne Anmaſsung die erſten Trieb- federn der Naturwirkungen entdecken zu wollen, auf Aeuſserung der Kräfte, durch welche die Pflanze ein und eben daſſelbe Organ nach und nach umbildet, unſre Aufmerkſamkeit gerichtet. Um den einmal ergriffenen Faden nicht zu ver- laſſen, haben wir die Pflanze durchgehends nur als einjährig betrachtet, wir haben nur die Umwandlung der Blätter welche die Knoten begleiten bemerkt, und alle Geſtalten aus ihnen hergeleitet. Allein es wird, um dieſem Verſuch

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Versuch die Metamorphose der Pflanzen zu erklären. Gotha, 1790, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_metamorphose_1790/72>, abgerufen am 25.04.2024.