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Goethe, Johann Wolfgang von: Versuch die Metamorphose der Pflanzen zu erklären. Gotha, 1790.

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ihren Enden einander aufsuchenden, die Blatt-
häutchen bildenden Gefässe, durch feinere Luftarten
wo nicht allein bewirkt, doch wenigstens sehr
befördert. Wenn Blätter vieler Pflanzen, die
unter dem Wasser wachsen, fadenförmig sind,
oder die Gestalt von Geweihen annehmen, so sind
wir geneigt es dem Mangel einer vollkommenen
Anastomose zu zuschreiben. Augenscheinlich
belehrt uns hiervon das Wachsthum des Ranun-
culus aquaticus, dessen unter dem Wasser erzeugte
Blätter aus fadenförmigen Rippen bestehen, die
oberhalb des Wassers entwickelten aber völlig
anastomosirt und zu einer zusammenhängenden
Fläche ausgebildet sind. Ja es lässt sich an halb
anastomosirten, halb fadenförmigen Blättern dieser
Pflanze der Uebergang genau bemerken.

§. 26.

Man hat sich durch Erfahrungen unterrichtet,
dass die Blätter verschiedene Luftarten einsaugen,
und sie mit den in ihrem Innern enthaltenen
Feuchtigkeiten verbinden; auch bleibt wohl kein
Zweifel übrig, dass sie diese feineren Säfte wieder
in den Stengel zurück bringen, und die Ausbildung
der in ihrer Nähe liegenden Augen dadurch

vorzüglich


ihren Enden einander aufſuchenden, die Blatt-
häutchen bildenden Gefäſse, durch feinere Luftarten
wo nicht allein bewirkt, doch wenigſtenſ ſehr
befördert. Wenn Blätter vieler Pflanzen, die
unter dem Waſſer wachſen, fadenförmig ſind,
oder die Geſtalt von Geweihen annehmen, ſo ſind
wir geneigt eſ dem Mangel einer vollkommenen
Anaſtomoſe zu zuſchreiben. Augenſcheinlich
belehrt uns hiervon das Wachsthum des Ranun-
culus aquaticus, deſsen unter dem Waſser erzeugte
Blätter aus fadenförmigen Rippen beſtehen, die
oberhalb des Waſsers entwickelten aber völlig
anaſtomoſirt und zu einer zuſammenhängenden
Fläche ausgebildet ſind. Ja es läſst ſich an halb
anaſtomoſirten, halb fadenförmigen Blättern dieſer
Pflanze der Uebergang genau bemerken.

§. 26.

Man hat ſich durch Erfahrungen unterrichtet,
daſs die Blätter verſchiedene Luftarten einſaugen,
und ſie mit den in ihrem Innern enthaltenen
Feuchtigkeiten verbinden; auch bleibt wohl kein
Zweifel übrig, daſs ſie dieſe feineren Säfte wieder
in den Stengel zurück bringen, und die Ausbildung
der in ihrer Nähe liegenden Augen dadurch

vorzüglich
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[16/0031] ihren Enden einander aufſuchenden, die Blatt- häutchen bildenden Gefäſse, durch feinere Luftarten wo nicht allein bewirkt, doch wenigſtenſ ſehr befördert. Wenn Blätter vieler Pflanzen, die unter dem Waſſer wachſen, fadenförmig ſind, oder die Geſtalt von Geweihen annehmen, ſo ſind wir geneigt eſ dem Mangel einer vollkommenen Anaſtomoſe zu zuſchreiben. Augenſcheinlich belehrt uns hiervon das Wachsthum des Ranun- culus aquaticus, deſsen unter dem Waſser erzeugte Blätter aus fadenförmigen Rippen beſtehen, die oberhalb des Waſsers entwickelten aber völlig anaſtomoſirt und zu einer zuſammenhängenden Fläche ausgebildet ſind. Ja es läſst ſich an halb anaſtomoſirten, halb fadenförmigen Blättern dieſer Pflanze der Uebergang genau bemerken. §. 26. Man hat ſich durch Erfahrungen unterrichtet, daſs die Blätter verſchiedene Luftarten einſaugen, und ſie mit den in ihrem Innern enthaltenen Feuchtigkeiten verbinden; auch bleibt wohl kein Zweifel übrig, daſs ſie dieſe feineren Säfte wieder in den Stengel zurück bringen, und die Ausbildung der in ihrer Nähe liegenden Augen dadurch vorzüglich

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Versuch die Metamorphose der Pflanzen zu erklären. Gotha, 1790, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_metamorphose_1790/31>, abgerufen am 29.03.2024.