Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 1. Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite
XXIV.
Das herrschsüchtige Kind.

Es läßt sehr lächerlich, wenn sich Kinder,
die noch so viele Hülfe von andern nö-
thig haben, schon so viel herausnehmen,
daß sie über andere herrschen wollen.

Moritz hatte diesen Fehler an sich. Er
konnte den Leuten im Hause nichts in Güte
sagen, oder von ihnen fordern. Alles be-
fehlsweise. Und wenn die Leute ihm nicht
gleich aufwarteten, wie und was er haben
wollte; so war er im Stande, sie ärger aus-
zuschelten, als es Vater und Mutter wür-
den gethan haben. Ja er sagte wohl gar:
wißt ihr nicht, daß ich Sohn im Hause bin,
daß ihr Gesinde seyd, und ich über euch herr-
schen kann? Ein Junge von sechs Jahren
-- herrschen? Wie lächerlich!

Unter
XXIV.
Das herrſchſuͤchtige Kind.

Es laͤßt ſehr laͤcherlich, wenn ſich Kinder,
die noch ſo viele Huͤlfe von andern noͤ-
thig haben, ſchon ſo viel herausnehmen,
daß ſie uͤber andere herrſchen wollen.

Moritz hatte dieſen Fehler an ſich. Er
konnte den Leuten im Hauſe nichts in Guͤte
ſagen, oder von ihnen fordern. Alles be-
fehlsweiſe. Und wenn die Leute ihm nicht
gleich aufwarteten, wie und was er haben
wollte; ſo war er im Stande, ſie aͤrger aus-
zuſchelten, als es Vater und Mutter wuͤr-
den gethan haben. Ja er ſagte wohl gar:
wißt ihr nicht, daß ich Sohn im Hauſe bin,
daß ihr Geſinde ſeyd, und ich uͤber euch herr-
ſchen kann? Ein Junge von ſechs Jahren
— herrſchen? Wie laͤcherlich!

Unter
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0122" n="100"/>
      <div n="1">
        <head><hi rendition="#aq">XXIV.</hi><lb/>
Das herr&#x017F;ch&#x017F;u&#x0364;chtige Kind.</head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">E</hi>s la&#x0364;ßt &#x017F;ehr la&#x0364;cherlich, wenn &#x017F;ich Kinder,<lb/>
die noch &#x017F;o viele Hu&#x0364;lfe von andern no&#x0364;-<lb/>
thig haben, &#x017F;chon &#x017F;o viel herausnehmen,<lb/>
daß &#x017F;ie u&#x0364;ber andere <hi rendition="#fr">herr&#x017F;chen</hi> wollen.</p><lb/>
        <p>Moritz hatte die&#x017F;en Fehler an &#x017F;ich. Er<lb/>
konnte den Leuten im Hau&#x017F;e nichts in Gu&#x0364;te<lb/>
&#x017F;agen, oder von ihnen fordern. Alles be-<lb/>
fehlswei&#x017F;e. Und wenn die Leute ihm nicht<lb/>
gleich aufwarteten, wie und was er haben<lb/>
wollte; &#x017F;o war er im Stande, &#x017F;ie a&#x0364;rger aus-<lb/>
zu&#x017F;chelten, als es Vater und Mutter wu&#x0364;r-<lb/>
den gethan haben. Ja er &#x017F;agte wohl gar:<lb/>
wißt ihr nicht, daß ich Sohn im Hau&#x017F;e bin,<lb/>
daß ihr Ge&#x017F;inde &#x017F;eyd, und ich u&#x0364;ber euch herr-<lb/>
&#x017F;chen kann? Ein Junge von &#x017F;echs Jahren<lb/>
&#x2014; herr&#x017F;chen? Wie la&#x0364;cherlich!</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Unter</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[100/0122] XXIV. Das herrſchſuͤchtige Kind. Es laͤßt ſehr laͤcherlich, wenn ſich Kinder, die noch ſo viele Huͤlfe von andern noͤ- thig haben, ſchon ſo viel herausnehmen, daß ſie uͤber andere herrſchen wollen. Moritz hatte dieſen Fehler an ſich. Er konnte den Leuten im Hauſe nichts in Guͤte ſagen, oder von ihnen fordern. Alles be- fehlsweiſe. Und wenn die Leute ihm nicht gleich aufwarteten, wie und was er haben wollte; ſo war er im Stande, ſie aͤrger aus- zuſchelten, als es Vater und Mutter wuͤr- den gethan haben. Ja er ſagte wohl gar: wißt ihr nicht, daß ich Sohn im Hauſe bin, daß ihr Geſinde ſeyd, und ich uͤber euch herr- ſchen kann? Ein Junge von ſechs Jahren — herrſchen? Wie laͤcherlich! Unter

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib01_1783/122
Zitationshilfe: Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib01_1783/122>, abgerufen am 24.04.2024.