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Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 1. Leipzig, 1783.

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Kindern das nur so vor, weil sichs nicht für
uns schickt, und wir es auch noch nicht ver-
stehen, wie die kleinen Kinder in die Welt
kommen.

Der liebe Gott, als der Schöpfer und
Erhalter aller Kreaturen, sagte mein Vater,
läßt sie als Menschen von Menschen geboren
werden, und schenkt sie den Aeltern. Die
Mutter giebt ihnen die erste Nahrung aus
ihrer Brust. Die haben wir auch bekom-
men, da wir noch so einfältig und hülflos
wie die jungen Hunde waren. Ach du lieber
Gott, was sind wir jetzt schon, da wir ste-
hen, hören, gehen, reden, uns besinnen,
und unser Butterbrod fordern können! Ich
fühle es recht sehr, wie sauer wir den Aeltern
werden, und wie viel Gutes sie von unserm
ersten Anfange an, da wir noch elender dran
waren, als die jungen Thiere, an uns täglich

gethan

Kindern das nur ſo vor, weil ſichs nicht fuͤr
uns ſchickt, und wir es auch noch nicht ver-
ſtehen, wie die kleinen Kinder in die Welt
kommen.

Der liebe Gott, als der Schoͤpfer und
Erhalter aller Kreaturen, ſagte mein Vater,
laͤßt ſie als Menſchen von Menſchen geboren
werden, und ſchenkt ſie den Aeltern. Die
Mutter giebt ihnen die erſte Nahrung aus
ihrer Bruſt. Die haben wir auch bekom-
men, da wir noch ſo einfaͤltig und huͤlflos
wie die jungen Hunde waren. Ach du lieber
Gott, was ſind wir jetzt ſchon, da wir ſte-
hen, hoͤren, gehen, reden, uns beſinnen,
und unſer Butterbrod fordern koͤnnen! Ich
fuͤhle es recht ſehr, wie ſauer wir den Aeltern
werden, und wie viel Gutes ſie von unſerm
erſten Anfange an, da wir noch elender dran
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[27/0049] Kindern das nur ſo vor, weil ſichs nicht fuͤr uns ſchickt, und wir es auch noch nicht ver- ſtehen, wie die kleinen Kinder in die Welt kommen. Der liebe Gott, als der Schoͤpfer und Erhalter aller Kreaturen, ſagte mein Vater, laͤßt ſie als Menſchen von Menſchen geboren werden, und ſchenkt ſie den Aeltern. Die Mutter giebt ihnen die erſte Nahrung aus ihrer Bruſt. Die haben wir auch bekom- men, da wir noch ſo einfaͤltig und huͤlflos wie die jungen Hunde waren. Ach du lieber Gott, was ſind wir jetzt ſchon, da wir ſte- hen, hoͤren, gehen, reden, uns beſinnen, und unſer Butterbrod fordern koͤnnen! Ich fuͤhle es recht ſehr, wie ſauer wir den Aeltern werden, und wie viel Gutes ſie von unſerm erſten Anfange an, da wir noch elender dran waren, als die jungen Thiere, an uns taͤglich gethan

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Zitationshilfe: Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib01_1783/49>, abgerufen am 19.04.2024.