Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 1. Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

Kind zu dem Hund in die Hütte zu stecken.
Hänschen hatte das durch seinen hundischen
Neid verdient. Bedenkt nur, was er that,
und wie er gesinnet war. Er war völlig satt,
und wollte auch die beyden Birnen, die er
noch auf dem Teller hatte, und selbst nicht
mehr essen konnte noch mochte, seiner Schwe-
ster nicht einmal gönnen. Sie sollten lieber
umkommen, als daß er sie mit gutem Wil-
len andern gegeben hätte. War das nicht
hundischer Neid? Just so machens die Hun-
de. Wenn sie sich satt gefressen haben, und
es bleibt noch was übrig; so legen sie die
Pfoten darauf. Kömmt nun ein anderer
Hund, der noch gar nichts gefressen hat; so
weisen sie die Zähne, und fahren auf ihn los.
Also hatte Hänschen eine wahre Hundeseele.

Wie beschimpfte er sich und seine Aeltern
vor der ganzen Gesellschaft! Hatte er also
nicht diese Strafe verdient? Er gehörte nicht

mehr

Kind zu dem Hund in die Huͤtte zu ſtecken.
Haͤnschen hatte das durch ſeinen hundiſchen
Neid verdient. Bedenkt nur, was er that,
und wie er geſinnet war. Er war voͤllig ſatt,
und wollte auch die beyden Birnen, die er
noch auf dem Teller hatte, und ſelbſt nicht
mehr eſſen konnte noch mochte, ſeiner Schwe-
ſter nicht einmal goͤnnen. Sie ſollten lieber
umkommen, als daß er ſie mit gutem Wil-
len andern gegeben haͤtte. War das nicht
hundiſcher Neid? Juſt ſo machens die Hun-
de. Wenn ſie ſich ſatt gefreſſen haben, und
es bleibt noch was uͤbrig; ſo legen ſie die
Pfoten darauf. Koͤmmt nun ein anderer
Hund, der noch gar nichts gefreſſen hat; ſo
weiſen ſie die Zaͤhne, und fahren auf ihn los.
Alſo hatte Haͤnschen eine wahre Hundeſeele.

Wie beſchimpfte er ſich und ſeine Aeltern
vor der ganzen Geſellſchaft! Hatte er alſo
nicht dieſe Strafe verdient? Er gehoͤrte nicht

mehr
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0078" n="56"/>
Kind zu dem Hund in die Hu&#x0364;tte zu &#x017F;tecken.<lb/>
Ha&#x0364;nschen hatte das durch &#x017F;einen <hi rendition="#fr">hundi&#x017F;chen</hi><lb/>
Neid verdient. Bedenkt nur, was er that,<lb/>
und wie er ge&#x017F;innet war. Er war vo&#x0364;llig &#x017F;att,<lb/>
und wollte auch die beyden Birnen, die er<lb/>
noch auf dem Teller hatte, und &#x017F;elb&#x017F;t nicht<lb/>
mehr e&#x017F;&#x017F;en konnte noch mochte, &#x017F;einer Schwe-<lb/>
&#x017F;ter nicht einmal go&#x0364;nnen. Sie &#x017F;ollten lieber<lb/>
umkommen, als daß er &#x017F;ie mit gutem Wil-<lb/>
len andern gegeben ha&#x0364;tte. War das nicht<lb/><hi rendition="#fr">hundi&#x017F;cher</hi> Neid? Ju&#x017F;t &#x017F;o machens die Hun-<lb/>
de. Wenn &#x017F;ie &#x017F;ich &#x017F;att gefre&#x017F;&#x017F;en haben, und<lb/>
es bleibt noch was u&#x0364;brig; &#x017F;o legen &#x017F;ie die<lb/>
Pfoten darauf. Ko&#x0364;mmt nun ein anderer<lb/>
Hund, der noch gar nichts gefre&#x017F;&#x017F;en hat; &#x017F;o<lb/>
wei&#x017F;en &#x017F;ie die Za&#x0364;hne, und fahren auf ihn los.<lb/>
Al&#x017F;o hatte Ha&#x0364;nschen eine wahre <hi rendition="#fr">Hunde&#x017F;eele</hi>.</p><lb/>
        <p>Wie be&#x017F;chimpfte er &#x017F;ich und &#x017F;eine Aeltern<lb/>
vor der ganzen Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft! Hatte er al&#x017F;o<lb/>
nicht die&#x017F;e Strafe verdient? Er geho&#x0364;rte nicht<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">mehr</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[56/0078] Kind zu dem Hund in die Huͤtte zu ſtecken. Haͤnschen hatte das durch ſeinen hundiſchen Neid verdient. Bedenkt nur, was er that, und wie er geſinnet war. Er war voͤllig ſatt, und wollte auch die beyden Birnen, die er noch auf dem Teller hatte, und ſelbſt nicht mehr eſſen konnte noch mochte, ſeiner Schwe- ſter nicht einmal goͤnnen. Sie ſollten lieber umkommen, als daß er ſie mit gutem Wil- len andern gegeben haͤtte. War das nicht hundiſcher Neid? Juſt ſo machens die Hun- de. Wenn ſie ſich ſatt gefreſſen haben, und es bleibt noch was uͤbrig; ſo legen ſie die Pfoten darauf. Koͤmmt nun ein anderer Hund, der noch gar nichts gefreſſen hat; ſo weiſen ſie die Zaͤhne, und fahren auf ihn los. Alſo hatte Haͤnschen eine wahre Hundeſeele. Wie beſchimpfte er ſich und ſeine Aeltern vor der ganzen Geſellſchaft! Hatte er alſo nicht dieſe Strafe verdient? Er gehoͤrte nicht mehr

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib01_1783/78
Zitationshilfe: Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib01_1783/78>, abgerufen am 19.04.2024.